Stadtsuperintendent Bernhard Seiger hat Leonie Stein ordiniert
Sie verlässt die Gemeinde, bleibt aber dem Kirchenkreis erhalten. Doch vor dem Abschied gab es noch mal was zu feiern: die Ordination. Stadtsuperintendent Bernhard Seiger hat Leonie Stein in einem Gottesdienst in der Bayenthaler Reformationskirche ordiniert. Nach ihrem Vikariat in der Gemeinde im Kölner Süden wird die frisch gekürte Pfarrerin in der nächsten Zeit in Sindorf ihren Dienst tun und dort vornehmlich in der Konfirmanden-Arbeit tätig sein. Seiger freute sich über die unter Corona-Bedingungen voll besetzte Kirche: „Schön, dass wir wieder zusammen feiern können. Wir hatten ja für längere Zeit nur spärlich miteinander zu tun.“ Corona überschattete auch das Vikariat von Leonie Stein. „Aber Sie haben die Lage ganz pragmatisch angenommen“, warf der Superintendent des Kirchenkreises Köln-Süd einen Blick zurück. Sie habe eine ganze Reihe von reinen Wortgottesdiensten ohne Gesang geleitet. Und sie habe das Format der Audio-Gottesdienste eingeführt. Überhaupt hat Seiger bei der Vikarin eine gewisse „Nüchternheit in der Beobachtung von Menschen“ wahrgenommen. „Aber es gab immer klare Ansagen von ihr.“
„Was lassen wir los, was bringt uns zum Strahlen?“
Zur Übernahme eines Amtes gehöre Haltung, sagte der Superintendent. Und Anpassungsfähigkeit: „Man muss den Wandel der Fragen immer mitbedenken. Und man muss Kritik an der Kirche zulassen können und damit umgehen.“ Wie die Kirche in Köln 2030 aussehe, könne noch niemand verlässlich sagen. Sicher sei wohl, dass weniger Geld und weniger Personal zur Verfügung stehen werden. „Wie kann man die frohe Botschaft dann attraktiv erlebbar machen?“, sei eine der Fragen, die dann beantwortet werden müssten. Und: „Was lassen wir los, was bringt uns zum Strahlen?“
Seiger erinnerte an die großen Zusammenhänge: „Wer ordiniert wird, steht in der Reihe der Propheten des Alten und des Neuen Testaments.“ Er nannte die Predigt-Arbeit „eine Quelle des Glücks, weil wir dann im Eigentlichen unterwegs sind“. Er appellierte an Leonie Stein aber auch, ihre Grenzen einzuhalten. „Sie sind nicht für alles verantwortlich. Sie leben in einer Gemeinschaft. Sie leben unter Menschen, die Ihnen den Rücken stärken.“ Der Superintendent verwies auf das Paulus-Wort „Ihr seid zur Freiheit berufen“. Und an Leonie Stein gewandt: „Die Füße, die Sie nach vorn setzen, führen in die Weite.“ Schließlich bescheinigte er der Vikarin einen „langen Atem“. Leonie Stein ist gewissermaßen auf einem Umweg ins Pfarramt gekommen.
Kindheit in Brühl und Studium in Bonn
In Hamburg wurde sie am 1. September 1978 als Tochter kölscher Eltern geboren. Nach ihrer Kindheit in Brühl und dem Studium in Bonn hat sie zunächst wissenschaftlich an der dortigen Universität im Fachbereich Neues Testament gearbeitet. Nach der Geburt ihres erstes Kindes folgte eine längere Familienphase mit zwei weiteren Kindern. Seit damals wohnt sie mir ihrer Familie in Hürth und hat sich während der Familienphase ehrenamtlich engagiert: In Schulpflegschaften, im Elternrat des Kindergartens, auf musikalischem Gebiet und in der Ökumene. Aber der Wunsch blieb, die Ausbildung zur Pfarrerin zu beenden und den Beruf auch auszuüben. Darüber hinaus mag sie ostfriesische Inseln und die Dolomiten in Südtirol, radelt und wandert gern und macht Musik.
In ihrer Predigt erinnerte sie an die Faszination, die von Jesus auf die Menschen ausging. „Sie kamen, um ihn zu hören. Manche verlassen ihre Eltern und folgen ihm nach. Obwohl das Eintreten für ihn für sie damals eine akute Gefahr bedeutete.“ Irritierend sei, was bei Matthäus, Kapitel 10, 34 – 39 zu lesen sei. Demnach habe Jesus gesagt: „Ihr sollt nicht meinen, dass ich gekommen bin, um Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.“ „Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, der ist meiner nicht wert. Und wer Sohn oder Tochter mehr liebt als mich, der ist meiner nicht wert.“ Drastische Sätze, die auf den ersten Blick nicht recht passen zu der Botschaft der Bergpredigt, die jene selig nennt, die Frieden stiften. Oder an die Szene bei Jesu Verhaftung: „Wer das Schwert nimmt, soll durch das Schwert umkommen.“ Leonie Stein deutete das Schwert als Sinnbild für die Spaltung, die die Botschaft von Jesus Christus hervorrufe, für die Entzweiung zwischen Vater und Sohn, Mutter und Tochter. Jakobus und Johannes hätten nicht ein Mal zurückgeschaut, als sie ihre Eltern verließen, um Jesus zu folgen. Das widerspreche eigentlich dem Gebot der Nächstenliebe. Aber es sei eben der Anspruch von Jesus gewesen, Position zu beziehen.
Gott, wo willst du mich haben?
Das gelte bis heute. Ein Leben voller Herausforderungen sei auch ein Tauziehen mit Gott. „Die Spaltung ist oft da, wo alle größten Wert auf Harmonie legen. Lebensentscheidungen können Kraft geben. Sie können aber auch belastend sein.“ Gott, wo willst du mich haben? So laute die Frage, auf die man eine Antwort finden müsse. Und da könne es sein, dass man die eigene Komfort-Zone verlassen müsse. Zum Schluss machte die neue Pfarrerin deutlich, wie sie ihre Aufgabe angehen möchte: „Wir können natürlich beklagen, dass wir als Kirche von vielem Abschied nehmen müssen. Ich bin dafür, dass wir für etwas konkurrenzlos Großartiges werben.“
Text: Stefan Rahmann/APK
Foto(s): Stefan Rahmann/APK
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