Sechste Station der Via Reformata: Gedenktafel mitten im tosenden Verkehr
Mitten im tosenden Innenstadtverkehr hat der Kölner Stadtsuperintendent Bernhard Seiger die Station 6 der Via Reformata eröffnet. Unweit der Schildergasse und der Hohe Straße macht ein Edelstahlschild am Eingang der Stadtbahnstation Heumarkt auf das ehemalige Augustiner-Eremiten-Kloster aufmerksam, das dort angesiedelt war und im 16. Jahrhundert als „Hort der Lutherei“ verschrien war. Die Via Reformata zeigt an Hand von zwölf Stationen die Geschichte der Protestantinnen und Protestanten in Köln von der Zeit der Reformation bis in die heutigen Tage.
Seiger rechnet mit der Eröffnung aller Stationen noch in diesem Jahr. Zur Station am Heumarkt sagt er: „Im Jahr 1512 besuchte der Mönch Martin Luther Köln. Luther war Augustiner-Eremit in Erfurt. Es gab eine gedankliche und geistliche Brücke zwischen den Klöstern. Im Mai 1512, also vor 510 Jahren, tagte in Köln die Reformkongregation der Augustiner-Eremiten. Unter anderem wurde über die Ergebnisse einer Romreise beraten, die der junge Mönch Martin Luther zuvor unternommen hatte“, referierte der Stadtsuperintendent aus der Geschichte.
„Aus späteren Aussagen lässt sich schließen, das Luther bei der Gelegenheit den Kölner Dom aufgesucht hat. Er fand, dass der Dom eine lausige Akustik zum Predigen habe. Er hat hier auch Wein getrunken, der ihm geschmeckt hat. Es war wohl Moselwein.“ Der Kölner Aufenthalt sei ein Wendepunkt gewesen im Leben des Reformators. Die Ordensversammlung habe ihn zum Subprior des Wittenberger Klosters gewählt und ihn zu einer wissenschaftlichen Laufbahn gedrängt. „Damit schuf sie eine entscheidende Voraussetzung für die Reformation ab dem Jahr 1517.“
„Mobilität bestimmt unser Leben“
Seiger erinnerte auch an August Himmel, der in Wittenberg studiert hatte und danach die Ideen des Reformators in Köln bekannt machte. „Mehrfach versuchte der Erzbischof gegen den aufmüpfigen Augustiner-Konvent vorzugehen. Schließlich wurde er der Theologischen Fakultät der Kölner Universität unterstellt. Ein „Hort der Lutherei“ blieb er trotzdem, bis schließlich 1533 ein Generalvikar des Ordens dafür sorgte, dass die Kölner Eremiten wieder gut katholisch wurden. Dann schlug der Stadtsuperintendent des Bogen in die Gegenwart: „Jetzt sind wir hier an einer KVB-Haltestelle, am pulsierenden Leben. Ich finde den Gegensatz faszinierend. Mit der KVB kommen wir schnell überall hin. Viel ist in Bewegung. Mobilität bestimmt unser Leben. Aber gerade, wenn alles in Bewegung ist, braucht es manchmal Abstand, um sich zu sortieren.“
Das sei das, was Luther im Kloster getan habe. Er habe studiert und geprüft, was sich in seiner Zeit ändern musste. „Aus der Ruhe und dem Nachdenken kam der klare Blick.“ Und: „Bei aller Bewegtheit unserer schnellen Zeit brauchen auch wir hin und wieder Abstand, um unsere Lage zu bedenken. Dazu die die Via Reformata. An einer Station, an einer Haltestelle innehalten, um zu sehen: Wo kommen wir hir, wo gehen wir hin, und auf was sollen wir dabei achten?“ Seiger wünschte sich, dass die Tafel dazu beitragen möge, „diesem Ort zwischen pulsierendem Verkehr und klösterlicher Abgeschiedenheit ein Stück Aufmerksamkeit zu schenken.“
Einblick in die Historie
Jörn Schwarze aus dem Vorstand der Kölner Verkehrsbetriebe würdigte die Protestanten und Protestantinnen, die die Stadt geprägt hätten. „Ihr Leben und Wirken kann man nachzeichnen, indem man konkrete Ort aufsucht. Die Via Reformata ist ein Zugewinn, nicht nur für die Touristen in dieser Stadt, sondern vor allem auch für die Kölnerinnen und Kölner, die damit einen spannenden Einblick in die Historie ihrer Heimatstadt erhalten.“
Professor Ulrich Coersmeier ist Architekt und hat die die Haltestelle Heumarkt entworfen. Er hat sofort die Erlaubnis erteilt, die Platte an der Fassade anzubringen. Er hofft, dass der Verkehr vor dem Augustinerplatz stark eingedämmt wird. „Die Verkehrswende und der im Idealfall auch die Tieferlegung der drei Bahnlinien lassen einen einzigartigen Stadtraum zu. Als Architekt habe ich die neuerliche Aufwertung dieses Ortes durch das kleine aber wichtige, übrigens sehr ästhetisch gestaltete Hinweis-Quadrat sehr begrüßt.“
Text: Stefan Rahmann
Foto(s): Stefan Rahmann
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