Nachrichten von der Frühjahrssynode 2017 des Kirchenkreises Köln-Süd

Die Frage „Diakonie – Lebens- und Wesensäußerung der Kirche?“ stand im Mittelpunkt der Frühjahrssynode des Evangelischen Kirchenkreises Köln-Süd. 73 Synodale begrüßte Superintendent Dr. Bernhard Seiger im Berufsförderungswerk der Diakonie Michaelshoven. Zum Auftakt feierten die Synodalen einen Abendmahlsgottesdienst in der Erzengel-Michael-Kirche. Pfarrer Stefan Jansen-Haß predigte über den barmherzigen Samariter. „Dieser Text gibt eine klare Antwort mit Konsequenz. So geh hin und tue desgleichen. Nächster bist Du nicht, Nächster wirst Du. Das ist ein dynamischer Prozess. Nächster wirst Du, weil Du auf jemanden triffst, der Dir leid tut. Und dann hast Du keine Wahl.“ Allerdings sei es mehr als legitim, die Hilfe an Profis zu delegieren. Profis wie die Mitarbeitenden im Diakonischen Werk Köln und Region. Der Wirt nehme das Opfer, um das sich der Samariter gekümmert hat, übrigens nicht aus Selbstlosigkeit auf. Er bekam Geld für die Pflege in der Herberge, die dadurch sozusagen zum diakonischen Dienstleistungszentrum werde. Musikalisch gestaltet wurde der Gottesdienst von den „Starken Stimmen“, einem Inklusionsprojekt der Bahnhofsmission Bonn, für Menschen, deren Stimmen sonst nicht gehört werden.

Musikalisch gestaltete der Chor „Starke Stimmen“ aus Bonn den Eröffnungsgottesdienst der Synode.

In seinem Grußwort der EKiR-Kirchenleitung zum Auftakt der Beratungen erinnerte Oberkirchenrat Bernd Baucks an das ökumenische Fest an Pfingsten auf der Feste Ehrenbreitstein in Koblenz mit 15.000 Teilnehmenden. Baucks verlieh seiner Hoffnung Ausdruck, dass Katholiken und Evangelische in Zukunft viel mehr gemeinsam tun sollten, nicht zuletzt Räume zusammen nutzen. „Auch Caritas und Diakonie verbindet mehr als sie trennt. Von der Bedeutung her ist das doch das Gleiche.“ Baucks nannte das neue Wuppertaler Zentrum für Gemeinde- und Kirchenentwicklung einen „Think Tank“, von dem die Gemeinden sicher profitieren würden. Den einen oder anderen Lacher hatte Baucks auf seiner Seite, als er für 2021 eine neue Software ankündigte, die die Jahresabschlüsse für die Gemeinden und Kirchenkreise vereinfachen soll.

„Diakonie – Lebens- und Wesensäußerung der Kirche?“ lautete auch der Titel des Vortrags von Professorin Dr. Beate Hofmann von der Kirchlichen Hochschule Wuppertal/Bethel. „Diakonie ist der organisierte Versuch, Nächstenliebe zu leben“, definierte sie zu Beginn ihres Vortrags und warf danach einen Blick in die Geschichte. Schon in den paulinischen Gemeinden habe es eine Trennung von Kult und Diakonie gegeben. Und die habe sich fortgesetzt. „Im 19. Jahrhundert war klar: Die Kirche ist Staatskirche. Diakonie war Sache der Zivilgesellschaft. Diakonie entstand als freie Assoziationen von Christinnen.“ 1940 seien die diakonischen Organisationen aus Angst vor der Gleichschaltung durch die Nazis „unter den Rock der Kirche geschlüpft“. Erst 1975 habe man das Diakonische Werk der EKD gegründet. „Es gab also eine lange Geschichte des Nebeneinanders und eine kurze Geschichte des Miteinanders“, resümierte Beate Hofmann. Weiterhin sei die Diakonie in den grundlegenden Schriften der evangelischen Kirche nicht zu finden. „Sie können Theologie studieren, ohne sich je mit Diakonie zu beschäftigen“, so die Professorin.

Superintendent Dr. Bernhard Seiger zusammen mit Professorin Dr. Beate Hofmann und Helga Blümel, Geschäftsführerin des Diakonischen Werkes Köln und Region

Heute gehörten Caritas und Diakonie mit zusammen 1,1 Millionen Mitarbeitenden zu den größten Arbeitgebern des Landes. „Sie sind Nutznießer der Förderung sozialer Arbeit durch den Staat. Ohne den Einbau in den Wohlfahrtsstaat gäbe es viele Tätigkeitsfelder nicht“, erklärte Hofmann. Der Soziologe Niklas Luhmann habe gesagt: „In der Zukunft wird der Einfluss der Kirche sinken, der Einfluss der Diakonie wird steigen.“ Allerdings müsse man angesichts der Ökonomisierung des Hilfesystems in Konkurrenz treten mit privaten Wettbewerbern. Kirche sei allerdings nicht Teil des Marktes. Deshalb hingen den Verantwortlichen in der Diakonie immer zwei Mühlsteine am Hals: Die Ansprüche der Kirche mit ihren Forderungen nach Barmherzigkeit und Spiritualität und die Ansprüche, die Diakonie wie ein privatwirtschaftliches Unternehmen vor dem Hintergrund der Sozialgesetzgebung zu führen. Allerdings gelte es zu beachten: „Viele Menschen gehören der Kirche an, weil die Kirche diakonisch arbeitet. Die Diakonie ist sozusagen das Gesicht der Kirche.“ Und genauso wie die Kirche, ein Ort der Verkündigung des Evangeliums. Die Mitarbeitenden müssten das Evangelium kennen, um auf dessen Grundlage zu helfen. Und die Kirche brauche die Diakonie als Lernort für Empathie und Nächstenliebe. Und die Diakonie sei Ort für theologische Fragen nach Leid, Schmerz, Würde und Sinn. Politisch seien die Mitarbeitenden der Diakonie Anwälte und Anwältinnen der Schwachen. Wie die Kirche. Das habe man zuletzt erlebt, als viele Flüchtlinge ins Land kamen. Beate Hofmann rief Diakonie und verfasste Kirche auf, eng zusammen zu arbeiten. „Großes Thema ist die Vernetzung. Beispielsweise zwischen evangelischen Krankenhäusern, Diakoniestationen und den Gemeinden. Wir müssen voneinander wissen. Diakonisches Handeln ermöglicht neue Gemeindeformen.“ Die Pflege gerade älterer Menschen werde in Zukunft durch solidarisches Handeln geprägt sein. Auch in evangelischen Gemeinden.

Die Synodalen vertieften ihre Eindrücke zum Thema in zehn Workshops u.a. zu Themen wie: Diakonie in der Gemeinde, Arbeit mit Kindern in Kindertagesstätten, demenzsensible Gemeindearbeit und Wohnungslosigkeit. Eine Gruppe besuchte die Flüchtlingseinrichtung in der Eygelshovener Straße auf dem Gelände, die von der Diakonie Michaelshoven betreut wird und bis zu 350 Menschen aufnimmt.

Lothar Ebert, Vorsitzender des Finanzausschusses des Kirchenkreises, präsentierte positive Zahlen aus dem abgelaufenen Jahr. Die Jahresrechnung 2016 schloss bei einer Bilanzsumme von 2,471 Millionen Euro mit einem Haushaltsergebnis in der Ergebnisrechnung in Höhe von 195.835 Euro. Diese Summe wird wie folgt verwendet: Mit jeweils 4000 Euro unterstützt der Kirchenkreis den Girlspace e.V., Flüchtlingsprojekte des Girlspace e.V., das Projekt Ekupholeni/Sofiatown in Johannesburg, den Förderverein „AusWege“ der Evangelischen Beratungsstelle, den Karo e.V. und das Wolgograd-Projekt. 2000 Euro erhält das Bildungsprojekt „Das neue Kreisau“. 4575 Euro sind für Projekte des Gustav-Adolf-Werkes vorgesehen. Die verbleibende Restsumme in Höhe von 165.000 Euro wird als Vortrag in das Haushaltsjahr 2017 übernommen.

Personalia:
Die Synodalen gedachten Erika Falcke, die am 10. März gestorben ist. Sie war von 1988 bis 2011 Mitglied der Kreissynode und von 2004 bis 2012 Mitglied des Kreissynodalvorstands.
Pfarrer Dr. Thomas Hübner geht zum 1. August in den Ruhestand.
Pfarrerin Friederike Schädlich ist seit dem 1. Februar Pfarrerin in Lechenich.
Sigrid Schneider wird zum 1. Juli ihre Arbeit als neue Jugendreferentin des Kirchenkreises aufnehmen.

Stichwort: Kirchenkreis Köln-Süd
Der Kirchenkreis Köln-Süd umfasst insgesamt 16 Gemeinden. Dazu gehören: Brüggen/Erft, Brühl, Frechen, Horrem, Hürth, Kerpen, Köln-Bayenthal, Köln-Raderthal, Köln-Rodenkirchen, Köln-Zollstock, Lechenich, Liblar, Rondorf, Sindorf, Sürth-Weiß und Wesseling. Hier leben etwa 69.000 Gemeindeglieder.

Text: Stefan Rahmann
Foto(s): Stefan Rahmann