Karneval und die evangelischen Gemeinden in Köln – nicht immer eine „jecke“ Beziehung
Der Karneval hat in Köln eine lange Tradition – die närrische Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Normen und Regelungen konnten selbst die strengen Preußen den Rheinländern nicht verbieten. Einschneidende geschichtliche Ereignisse wie die Weltkriege sowie die Weltwirtschaftskrise brachten das freie närrische Treiben zum Erliegen. Leider macht in diesem Jahr die Covid-19-Pandemie das Feiern des Karnevals schwer.
Evangelische Kirche und Karneval
Dies trifft auch viele evangelische Karnevalisten. Doch war das Verhältnis zwischen Evangelischen und Karnevalisten schon immer ein gutes?
Die ev. Kirche verurteilte zunächst den Karneval als eine Zeit der Sünden und Unmoral. Sie rief Christinnen und Christen dazu auf nicht an diesem Treiben teilzunehmen. So auch 1954. Beispielsweise appellierte der Landeskirchenrat der evangelisch-lutherischen Kirche in Bayern an alle Landeskirchen und Gemeinden dem zügellosen, unsittlichen und verschwenderischen Treiben besonders in Zeiten der Not ein Ende zu bereiten. Hintergrund dieses Appells bildeten die Konsequenzen des Zweiten Weltkrieges. Viele Menschen waren noch immer heimatlos, bedroht von Hunger und Armut. Der Landeskirchenrat verurteilte scharf die Auswüchse der Zügellosigkeit und die hohen finanziellen Ausgaben für Konfetti und anderes Karnevalsmaterial, welches besser für die Notleidenden einzusetzen wäre. Auch in Köln war die Lage nicht anders. Die Stadt hatte durch die Kriegsereignisse stark gelitten und in den 1950er Jahren waren immer noch ca. 50 000 Menschen ohne Wohnung und viele lebten in Armut.
So stellte sich auch der Kirchenkreis Köln die Frage, wie sollte man reagieren? In den 1920er Jahren hatte sich die Bevölkerung der Stadt in einer ähnlichen Situation befunden und damals sprach sich das Presbyterium der ev. Gemeinde Köln auch gegen das närrische Treiben aus. Ohne Erfolg. Die enge Verwurzelung des Karnevals in Köln breitete jeder Andeutung bzw. jedem Ausspruch des Verbots ein Ende. So ermahnte der Kirchenkreis Köln in den namhaften Tageszeitungen 1954 die Christinnen und Christen unter dem Leitspruch „Auch im Karneval keine Unmoral“ zu einem gemäßigten Karnevalstreiben und der Rücksichtnahme auf christliche Werte.
Erst in den 1980er Jahren beginnt eine mentale Öffnung der ev. Gemeinden gegenüber dem Karneval. Als Folge dieser Entwicklung kann sicherlich die Abhaltung von Gottesdiensten für Karnevalisten und der Empfang des Dreigestirns in kirchlichen Einrichtungen wie Ev. Kirchenverband Köln und Region angesehen werden. Eine andere ist die Entstehung eines kirchlichen Kabaretts, Küngelbeutel (1990-2020), und eine protestantische Karnevalssitzung, die PROT’s Sitzung (1997).
Auch wenn in diesem Jahr alles anders ist und die „Fünfte Jahreszeit“ nicht wie gewohnt stattfinden kann, wünschen wir Ihnen dennoch schöne närrische Tage.
Text: Stefanie Schensar
Foto(s): Stefanie Schensar
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