Freiräume öffnen im neuen Lebensabschnitt: Pfarrerin Andrea Máthé verabschiedet

Es sind die Begegnungen und Gespräche, die ihr am meisten fehlen werden. Mit Patientinnen und Patienten, mit Angehörigen, mit den Mitarbeitenden. Fast 30 Jahre lang war Pfarrerin Andrea Máthé Krankenhausseelsorgerin am Sankt-Franziskus-Hospital in Köln-Ehrenfeld und zuletzt auch am Heilig-Geist-Krankenhaus in Longerich und am Sankt-Vinzenz-Hospital in Nippes. Bis Ende 2012 war sie rund 20 Jahre lang parallel als Gemeindepfarrerin tätig, in der Evangelischen Kirchengemeinde Ehrenfeld. Dort baute sie unter anderem die Seniorenarbeit neu auf. Dann entschied sie sich ganz bewusst, in Vollzeit in die Krankenhausseelsorge zu wechseln. In diesem Herbst ist Andrea Máthé von Superintendent Markus Zimmermann in den Ruhestand verabschiedet worden.

Mehr Zeit für Seelsorge

Während die Gemeindearbeit eine hohe Flexibilität verlangt, braucht eine Klinik Verlässlichkeit in der Präsenz. Auf Dauer war der Spagat für Pfarrerin Máthé nicht sinnvoll leistbar. Und vor allem spiegelten ihr Patientinnen und Patienten sowie Mitarbeitende, dass sie mit ihrer menschlichen, zugewandten Art, dem Zuhören und der Sorge für die Seele in der besonderen Situation eines Krankenhauses oder im Krisenfall genau richtig war. Auch für sie selbst machte der Schritt Sinn: „Im Gemeindealltag blieb oft zu wenig Zeit für seelsorgliche Gespräche“, erinnert sich Andrea Máthé. „Das ist im Krankenhaus ganz anders.“

Die Verweildauer von Patientinnen und Patienten ist zwar mittlerweile stark verkürzt, dennoch wuchsen persönliche Beziehungen und Vertrauen, denn viele Menschen, die Andrea Máthé begleitete, kamen öfter ins Krankenhaus. Manche baten dann konkret darum, die Seelsorgerin zu benachrichtigen, andere traf sie im Gottesdienst wieder, dessen regelmäßige Feier ebenfalls zu ihren Aufgaben gehörte. Viele Lebens- und Leidensgeschichten hat Andrea Máthé miterlebt, aber auch schöne Momente, freudige Anlässe und Hoffnung.

Ethikkomitees mit aufgebaut

Ihre Tätigkeit als Krankenhausseelsorgerin war nicht beschränkt auf die Begleitung von Patientinnen und Patienten. Auch für Sorgen und Nöte der Mitarbeitenden war Máthé immer wieder Ansprechpartnerin. Darüber hinaus gehörte der Kontakt mit den ehrenamtlich Mitarbeitenden zu ihren Aufgaben. „Mir hat vor allem auch diese Vielfalt der Arbeit sehr gefallen“, sagt Andrea Máthé. „Viele Menschen denken ja, die Pfarrerin oder der Pfarrerin kommt nur ins Krankenhaus, wenn es ums Sterben geht. Aber das ist eben überhaupt nicht so!“

Ein besonderes Anliegen war für Pfarrerin Máthé die Ethik im Krankenhaus. An „ihren“ Kliniken baute sie die Ethikkomitees mit auf. Solche Gremien bestehen in der Regel aus Vertreterinnen und Vertretern der Ärzteschaft und Pflegefachkräfte, der sozialen Dienste und der Seelsorgenden sowie der Verwaltung und der Patientenvertreter. Sie werden immer dann aktiv, wenn es zu schwierigen Situationen und ethischen Konflikten oder Unsicherheiten kommt. Das können etwa Fragen wie die sinnvolle Weiterbehandlung eines Schwerstkranken sein, Konflikte zwischen Patienten- und Angehörigenwillen oder auch ethische Fragen zwischen Ärzteschaft und Pflegenden.

Auch in der Aus- und Weiterbildung von Pflegekräften an der Pflegeschule im St. Franziskus-Hospital und in der innerbetrieblichen Fortbildung sowie in der Schulung und Begleitung von Ehrenamtlichen ging es der Krankenhausseelsorgerin besonders um ethische Fragen. Darüber hinaus waren Kommunikation sowie die Ermutigung und Stärkung der Mitarbeitenden ihre Anliegen.

Freiräume und Blaue Stunden: Seminare und Andachten

Ihren Abschiedsgottesdienst feierte Andrea Máthé in der Immanuelkirche in Longerich. Das Besondere in der Kirche ist zurzeit der sogenannte Spielraumaltar der Künstlerin Dorothee Bielfeld. Der zweiteilige, flexibel gestaltbare Altar steht mitten in der Kirche, sodass sich die Gemeinde direkt um ihn  herum versammeln kann. „Dadurch  wirkt die Kirche viel einladender. Die Gemeindeglieder können einander viel besser als Gemeinschaft wahrnehmen“, so Andrea Máthé. „Das entspricht vielmehr der Art, wie Jesus mit den Menschen seiner Zeit zusammen gekommen ist. Er war kein Priester, der fernab der Gläubigen am Hochaltar stand, sondern ist allen auf Augenhöhe begegnet und hat sich mit ihnen zusammen an einen Tisch gesetzt, um mit ihnen zu sprechen, zu essen und auch ihre Gemeinschaft untereinander zu fördern.“

In der Immanuelkirche wird Andrea Máthé künftig regelmäßig „Die Blaue Stunde“ mitgestalten und feiern, eine neue Andacht am Sonntagabend um 18 Uhr. Spiritualität und Sinnenfreude, Text, Musik und Stille prägen diese Zeit. Außerdem bietet sie gemeinsam mit ihrem Ehemann, Pfarrer Harald Kampmann, und künftig auch mit einer Lehrerin im Ruhestand Seminare an. Andrea Máthé war neben der Krankenhausseelsorge auch 15 Jahre lang Referentin auf Seelsorge-Konventen mit theologisch-diakonischen Themen.

Aktuell findet das Gemeindeseminar „Was denn nun? Auf der Suche nach Orientierung in unsicheren Zeiten“ in der Immanuel-Gemeinde statt., das sie gemeinsam mit Harald Kampmann leitet. Nächster Termin ist Donnerstag, 24. November, um 19.30 Uhr. Dann geht es um das Thema „Fortschritt ohne Grenzen – geht das noch?“. Im kommenden Jahr soll es in einem neuen Seminar mit Birgitt Wendebourg um das Thema Freiraum gehen. Angesprochen werden besonders Menschen, für die ein neuer Lebensabschnitt beginnt.

Pfarrerin Máthé wird also auch im Ruhestand weiterhin gut beschäftigt sein. Auch eine ehrenamtliche Weiterarbeit in der Krankenhausseelsorge kann sie sich vorstellen. Bei all dem soll aber auch mehr Zeit für sich und ihren Mann nicht zu kurz kommen. „Wir wollen mehr wandern und reisen, als es bisher möglich war“, verrät Andrea Máthé.

www.immanuel-longerich.de

Text: Hildegard Mathies
Foto(s): Harald Kampmann

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