Ein feierlicher, wehmütiger und auch fröhlicher Abschied – Pfarrer Gerhard Johenneken ist nun im Ruhestand

„Das einzig Bleibende im Leben ist Veränderung“, mit diesen Worten betitelte Pfarrer Gerhard Johenneken einen Artikel, in dem er sich vom Bürgerverein Zollstock verabschiedete. „Adieu Melanchthon!“ so hieß es nun auch im Rahmen des Verabschiedungsgottesdienst, der eben dort, in der Melanchthon-Kirche gefeiert wurde. Wehmut war ein Gefühl, welches bei allen Beteiligten nicht zu übersehen und zu überhören war.

„Jetzt darfst du loslassen.”

Aber auch Freude hatte Raum: Die Freude auf eine neue Zeit, einen neuen Lebensabschnitt. „Jetzt darfst du loslassen. Tu es mit einem dankbaren und reichen Herzen! Und zieh deiner Straße fröhlich. Wir wünschen Dir und Deiner Frau, Gesundheit, Kraft, Freude und Gottes Segen für den weiteren Lebensweg!“, diese Worte gab Dr. Bernhard Seiger, Superintendenten des Kirchenkreises Köln- Süd ihm, einem Weggefährten, mit.

32 Jahre war er hier. Gerhard Johenneken gestaltete das gemeinsame Leben und Arbeiten in Zollstock, am Gürtel im Kölner Süden, in der Ökumene der Nachbarschaft, im Kirchenkreis Köln-Süd, und im Evangelischen Kirchenverband Köln und Region.

„Wir spielen ein gemeinsames Lied und ich habe dieses Lied 32 Jahre mitgespielt. Ich wollte bewusst nicht die erste Geige spielen, ich wollte ein Syn-Ergus sein“, mit diesen und vielen anderen Worten blickte er auf eine lange Zeit zurück. „Ich habe gar nicht erst versucht, für den Abschiedsgottesdienst den richtigen Text zu finden, es gäbe zu viele Möglichkeiten“, schilderte er.

Emotionaler Rückblick

„Ihr macht mich nervös, es sind viele da und scheinbar alle wegen mir“ – mit Sätzen wie diesen wandte Johenneken sich noch einmal an seine Gemeinde. Sein Rückblick war emotional, aber auch treffend und tiefsinnig, eine Prise Humor würzte den Tag. „Humor befreit“, betonte er. Vieles habe sich verändert in all diesen Jahren, auch das Leben in und mit der Gemeinde, die Perspektiven haben sich verschoben.

„Wenn man Kirche als eine Art Angebot und Nachfrage beschreiben würde, dann sagen heute viele: ‚Nein Danke, brauche ich gerade nicht’“, schilderte er den miterlebten Rückgang an Gemeindemitgliedern. „Es fehlen die Zuschauer, es fehlt die Kulisse“, so führte er weiter aus.

Danke

Gleichzeitig beschrieb er, wie er Kirche von oben und unten erlebt hatte und auch, dass er Dankbarkeit als Einstellung zum Leben empfinde. „Ich persönlich habe eine lange Liste der Dankbarkeit“, betonte er zum Abschied dieses Abschnittes – und Dr. Bernhard Seiger, der die Entpflichtung durchführte, griff das Thema Dankbarkeit ebenfalls auf.

„Es ist heute auch ein Stück dein persönliches Erntedankfest, und ich freue mich, dass das so sein kann“, betonte Seiger. Denn der Ernte gehe immer viel Mühe und Säen und Pflegen und Gießen und Unkrautausreißen voran. Und dies habe Gerhard Johenneken treu und kreativ und leidenschaftlich wahrgenommen. Der Tag des Abschiedes sei wehmütig, aber auch ein schöner Tag, denn alle seien gekommen, um ihn gemeinsam zu feiern.

Viele Facetten Johennekens

Von Gerhard Johenneken kenne man viele Facetten: Freude an der Musik, Freude an der Gemeinschaft, ein klares Wort in der Predigt, das hängen bleibt. Er habe nie Angst gehabt, auch schwierige Dinge anzusprechen, Emotion zu zeigen, theologische Fragen zu stellen und fundiertes Nachdenken zu fordern. „Meine Aufgabe ist es, Dich gleich hierzu „entpflichten“. Das ist ein Wort, das preußisch daherkommt. Aber nicht alles Preußische ist schlecht“, führte Seiger weiter aus.

Gemeinsam mit allen Zuhörern ließ Seiger das Wirken von Johenneken in vier Stationen Revue passieren. Er ließ einen Teil der 32 Jahre wieder lebendig werden, indem er ihn als Gemeindepfarrer, als Nachbar, als kirchenpolitischen Partner in vielen Diskussionen und als Mensch vorstellte.

Ökumeneparcours für Bobbycars und weitere weniger bekannte Arbeitsfelder

Vielleicht waren hier sogar manche Passagen dabei, die nicht immer allen bekannt waren – viele Details aus einem langen und engagierten Wirken waren zu hören. So ging es um Schwerpunkte in der Gemeindearbeit, die von den Gesprächen mit Obdachlosen bis hin zu den Fahrten mit Jugendlichen schon ein eigenes Buch füllen könnten. Es ging um Fragen rund um den Kindergarten ebenso wie um die Seniorenarbeit.

Weiter ging es um die „Gürteltreffs“ zwischen den Gemeinden in Zollstock und Bayenthal. Hier war Platz für geistliche Gemeinschaft, ein Raum für Themen, Raum zum Atmen und „Sich Sortieren“. „Besonders in Erinnerung ist mir unser gemeinsames Projekt um Kirchentag 2007 in Köln. Wir haben einen Ökumeneparcours für Bobbycars gebaut, ausprobiert und auf der Rheinuferstraße beim Abend der Begegnung betreut“ – nicht nur Seiger musste an dieser Stelle innerlich und äußerlich schmunzeln.

Unerschütterliche Leidenschaft

Er blickte zurück auf viele Diskussionen im Pfarrkonvent und auf Synoden: „Du warst selten still. Aber du hast vor allem immer den Zusammenhalt der Kirche in die Mitte gerückt“, führte er aus. „Du wolltest theologisch etwas wissen und konntest Tiefenbohrungen machen“, formulierte er rückblickend und dankte dabei für all diesen Einsatz. „Du lebst immer mit allen Fasern und wach und fragend. Bei dir fällt mir das Wort Leidenschaft ein. Kalt oder lau – das passt nicht zu dir“ – mit durchaus auch privaten Blick auf den Mensch Johenneken wurde es nun Zeit, die Entpflichtung vorzunehmen: „Jetzt darfst du loslassen“.

Der Gottesdienst wurde mit viel Musik gefeiert, auch Gerhard Johenneken spielte mit. Ein gemeinsames Instrumentalstück wurde zelebriert, nach und nach stiegen immer mehr Musikerinnen und Musiker sowie Gottesdienstbesucherinnen und Gottesdienstbesucher ein. Die Musik wurde als Gebet empfunden, „wer spielt, bleibt nicht alleine“, so Johenneken treffend zu diesem schönen Moment des Abschieds. Nach dem Gottesdienst gab es noch viele und herzliche Grußworte von all jenen, die den Tag nutzen, um die neue Zeit zu begrüßen. „Ich hoffe, wir sehen uns in Zukunft öfter“, war so an diesem Abend von vielen Seiten zu hören.

Stationen und Momente

Pfarrer Gerhard Johenneken wird mit seiner Frau nach Bonn ziehen. Geboren wurde er in Jülich, dort ist er in einem Pfarrhaus aufgewachsen. Er studierte in Wuppertal und Bonn Theologie, in Siegburg folgte das Vikariat. In Essen war er Pastor im Hilfsdienst, seine Einführung als Pfarrer in Köln fand am 12. Mai 1987 statt.

Seine Schwerpunkte waren die Jugendarbeit, Kirche für Kinder, Kinderbibelwochen oder -tage, der Vorsitz im Presbyterium, im Ausschuss für Gottesdienst und Vieles mehr. So gab es zum Beispiel Besuche der Partnergemeinde Finsterwalde in der damaligen DDR, selbstgemachtes Kirchenkabarett und eine eigene Hausband.

Gerhard Johenneken war zudem im Kirchenkreis Köln-Süd Synodalbeauftragter für Jugendarbeit und Delegierter in der Konferenz für Jugendarbeit der EKiR, gewähltes Mitglied (Skriba) im Kreissynodalvorstand und für den Kirchenkreis, Mitglied in der Gesellschafterversammlung der Antoniter Siedlungsgesellschaft mbH sowie in der Verbandsvertretung des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region.

Text: Judith Tausendfreund
Foto(s): Judith Tausendfreund

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