Musik zwischen Trauer und Trost in der Christuskirche Brühl– Konzert mit Ruth Dobernecker

Der November ist der Trauermonat, die passende Zeit, um Moll-Töne anzustimmen. In diesem Fall ist es D-Moll. In der evangelischen Christuskirche in Brühl bringt die Kantorin Ruth Dobernecker am Gedenktag „Allerseelen“ Mozarts Requiem und zwei Stücke des zeitgenössischen Komponisten Arvo Pärt zum Erklingen, in Kooperation mit den evangelischen Kantoreien in Wesseling und Mechenich – mit einem riesigen Chor, einem weiteren Vokalensemble, vier professionellen Sängerinnen und Sängern, dem Rhenus-Kammerorchester und einem zweiten Instrumentalensemble. Es ist zugleich das Masterkonzert ihres Studiums an der Hochschule für Musik und Tanz in Köln, mit dem Titel „Trauer und Trost“.

Klangvolle Kontraste: Mozart trifft Pärt

Die Sopranistin Maria Portela Larisch und die Altistin Martiniana Antonie

Und so beginnen das Rhenus-Kammerorchester, der Chor der Kantoreien Brühl, Wesseling und Lechenich sowie Sopranistin Maria Portela Larisch den ersten Satz, einen voluminösen Tauergesang. Melancholisch und raumgreifend, trägt er die musikalische Handschrift des berühmten Komponisten. Allerdings wurden nur einige Sätze der Totenmesse von Mozart selbst verfasst. Er starb, bevor er sie vollenden konnte. Das Requiem blieb ein Fragment, und Mozarts Schüler Xaver Süßmayr übernahm die schwierige Aufgabe, das Werk zu komplettieren – die später kritisiert wurde. Einer der Kritiker, der Musikwissenschaftler Robert D. Levine, verfasste im Jahr 1991 eine eigene Version des Requiems. Sie kommt an diesem Abend zur Aufführung: 14 Sätze beantworten auf unterschiedliche Weise die Frage, wie Klage und Trauer – und laden Besucher und Besucherinnen in eine facettenreiche Trauerliederwelt ein: traurig, zornig, verzweifelt, melancholisch, nachdenklich, hoffnungsvoll, majestätisch.

Einen anderen Trauerklang hat Dobernecker dazwischengeschaltet und der Aufführung dadurch einen Akzent verpasst, der die unterschiedlichen Musikstücke durch die Gegensätzlichkeit jeweils besonders glänzen lässt. Nach dem Kyrie-Satz des Mozart-Requiems stimmt ein Vokalensemble auf der Empore, instrumentell untermalt von neun Musikern und Musikerinnen, das Werk „An den Wassern zu Babel saßen wir und weinten“ des estnischen Komponisten Arvo Pärt an. Es ertönt ein minimalistisch wirkender Klagegesang einzelner Vokale statt ganzer Wörter, ein meditativer, spiritueller Klang, der an die gregorianischen Gesänge erinnert und auf eine ganz eigene Weise beeindruckt. Pärt gilt als Vertreter der Neuen Einfachheit und als einer der bedeutendsten lebenden Komponisten Neuer Musik. Er hat neben der estnischen auch die österreichische Staatsbürgerschaft, was ihn mit Mozart verbindet. Und während der Salzburger zu seiner Zeit als „Enfant terrible“ galt, sorgt der zeitgenössische Komponist mit seinem eigenen Stil ebenfalls für Diskussionen, in deren Verlauf ihm schon mancher Stempel verpasst wurde – etwa der als „New-Age-Apostel“. Er kreierte seinen eigenen „Tintinnabuli“-Stil, geprägt von Stille, Glauben sowie der Verschmelzung von Musik und Gebet. Später erklingt zwischen dem zwölften und 13. Satz des Requiems noch Pärts „Da pacem Domine“. Die Klarheit und Einfachheit seiner Werke und die musikalische Üppigkeit des Mozart-Werkes fügen sich schließlich zu einem eindrucksvollen Konzertabend zusammen.

Der Kirchenraum ist mit dem Chor der Kantoreien Brüch, Wesseling und Lechenich, Musikern, Sängern, Zuschauern und Zuschauerinnen gefüllt.

Persönliche Verbindung und Ausblick

Dabei hat Dobernecker das Mozart-Requiem für ihr Masterkonzert nicht selbst ausgewählt. „Es war für das Konzert schon gesetzt, bevor ich die Stelle der Kantorin übernommen habe“, sagt sie. Allerdings verbinde sie einiges mit dem Werk: „Ich habe es bereits als Kind gesungen“, so Dobernecker. Bei der Mozart-Messe mit ihrem lateinischen Text handele es sich aber streng genommen um eine Vertonung einer katholischen Liturgie. Deswegen habe sie dem Requiem Stücke von Pärt gegenübergestellt, die sie selbst faszinieren: „Wenn sein erstes Werk erklingt, wirkt es wie ein intoniertes Weinen“, sagt die Kantorin.

Mit ihrem beeindruckenden Konzert hat sie nicht nur eine überzeugende Masterarbeit abgeliefert, sondern viele Zuhörer und Zuhörerinnen motiviert, weitere Konzerte in der Christuskirche zu besuchen. Weitere Aufführungen des Mozart-Requiems in der gleichen Besetzung finden an folgenden Terminen statt: 15. November in der Evangelischen Kreuzkirche Wesseling, 16. November in der Kirche der Versöhnung in Erftstadt-Lechenich. In der Christuskirche in Brühl findet am Sonntag, 21. Dezember, ein Chorkonzert mit dem ukrainischen Chor Namysto statt und am 31. Dezember, um 22 Uhr, das Silvesterkonzert mit Ruth Dobernecker und Orgelwerken von Bach, Franck und Duruflé.

Text: Susanne Esch
Foto(s): Susanne Esch

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