1700 Jahre Glaubensbekenntnis von Nicäa: Ökumenischer Gottesdienst der Kölner ACK im Dom mit musikalischer Welturaufführung
Ganz im Zeichen des 1700. Geburtstages des Glaubensbekenntnisses von Nicäa stand der ökumenische Gottesdienst der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) Köln im Kölner Dom. Darin wurde das Nicänum einerseits verbal gewürdigt, insbesondere in der Predigt von Erzpriester Radu Constantin Miron. Bis März 2025 saß er sechs Jahre der ACK in Deutschland vor. Andererseits erklang anlässlich des Jubiläums in einer Welturaufführung die interkulturelle Komposition „Credo. Six Composers – Six Parts – One Christian Faith“ (Sechs Komponisten – Sechs Teile – Ein christlicher Glaube).
Gottesdienst im Rahmen der gut besuchten Dreikönigswallfahrt

In seiner liturgischen Eröffnung hieß Domdechant Monsignore Robert Kleine zahlreiche Vertretende der ACK-Mitgliedskirchen, Freundinnen und Freunde aus der Kölner Ökumene sowie Gäste aus den Kölner Partnerstädten Esch-sur-Alzette (Luxemburg) und Liverpool (England) willkommen. Ebenso Pilgerinnen, Pilger und weitere Besuchende. Denn der Gottesdienst mit dem Leitwort „Unglaublich. Bekennen heute“ fand im Rahmen der diesjährigen Dreikönigswallfahrt statt. So schritten während der Liturgie nicht nur stetig Menschen an den im Hauptschiff befindlichen Gottesdienstteilnehmenden vorbei zum Schrein. Mitunter verharrten sie, verfolgten den Ablauf und nutzen ihre Handykameras.
Als Vorsitzende der ACK Köln begrüßte Pfarrerin Susanne Beuth. Superintendentin des Evangelischen Kirchenkreises Köln-Mitte. Sie erinnerte daran, dass die ACK Köln mit einem ökumenischen Taufbrückenweg im Juni Familien angesprochen und mit der Sommer-Ausstellung im Domforum vielen Menschen die Dimension des Bekenntnisses in den Kunstwerken im Dom nahe gebracht habe. Zum wohl „Höhepunkt unseres ökumenischen Jahres“ erlebe man heute die Welturaufführung der vom Stuttgarter Carus Verlag ermöglichten internationalen Komposition, so Beuth.
Wortbeiträge traten hinter die Musik zurück
Sie sprach über die Freude der Kölner ACK-Mitglieder, dass der ihr lange angehörende Erzpriester Miron die Predigt halte. „Ansonsten treten Wortbeiträge heute hinter die Musik zurück“, begrüßte die Vorsitzende alle Musizierenden: das Vokalensemble des Kölner Domes unter der Leitung von Domkapellmeister Alexander Niehues, den Kammerchor der Propsteimusik Bochum unter der Leitung von Prof. Christopher Brauckmann und den evangelischen ‚Projektchor Kölner Kantoreien‘ unter der Leitung von Yuko Nishimura-Kopp und Thomas Frerichs.
Bevor die Chöre mal einzeln, mal gemeinsam die sechs Vertonungen in drei Abschnitten vortrugen, führte Pfarrer Dr. Martin Bock kurz in diese besondere Kompositionsidee ein. „Worte können verwandelt werden in Bilder. Gemeinschaft kann in ein Bild gefasst werden“, wies der Leiter der Melanchthon-Akademie (MAK) auf eine eigens zum nicänischen Jubiläum gemalte Ikone hin. „Bilder für das eigentlich Unsagbare, wie Gott ist. Wie Gott zu uns ist, wie nah Gott ist. In Bildern und in Klängen.“
„Ein besonderes musikalisches Geschenk für unsere Ohren“
Luther habe das Reich Christi vor allem als ein Hör-Reich verstanden. „Weil das Ohr so nah an unserer Seele ist. Weil es das erste und das letzte ist, was uns zu Geschöpfen macht“, so Bock. Und weil wir im Hören immer zutiefst Empfangende seien. Deshalb dürften wir in diesem Gottesdienst ein besonderes musikalisches Geschenk für unsere Ohren auspacken. „Ein Glaubensbekenntnis, vor 1700 Jahren entstanden, wird zu einem gegenwärtigen vielstimmigen Klang.“ Die Komponistinnen und Komponisten sind Mårten Jansson aus Schweden, Keiko Harada aus Japan, Grayston Ives aus Großbritannien, Martin Palmeri aus Argentinien, Victoria Vita Polevá aus der Ukraine und Dominick DiOrio aus den USA.
Interkulturelle Collage
Laut Bock haben sie eine interkulturelle Collage, ein Gespräch zwischen musikalischen und kulturellen Klangsprachen dieser Welt von heute geschaffen, „die so ist wie sie ist. So friedlich und so unfriedlich, so spannungsvoll wie harmonisch. Ein Bild auch für die Vielfalt des Christentums und für die Zukunft der geistlichen Musik.“ Diese besondere Komposition aus aller Welt habe der Carus-Verlag in weniger als zwölf Monaten angestoßen. „Er hat Komponistinnen und Komponisten mit ihrer je charakteristischen Klangsprache eingeladen“, so Bock, „einen solchen spirituellen Brückenbau für die heutige Aufführung im Dom zu ermöglichen.“ Er kündigte weitere Gesamtaufführungen in Österreich und den USA an.
Das Projekt hier in Köln habe nur gelingen können, weil in noch kürzerer Zeit evangelische und katholische Chöre aus Köln, Frechen und aus Bochum, ihre Kantorinnen und Kantoren, die Dommusik und Michael Utz als diözesaner Musikfachbereichsleiter eng zusammengearbeitet hätten, betonte Bock. Und weil auf diesen Tag hin drei Chöre in wechselnder Besetzung daraus geworden seien. Insgesamt beteiligten sich über 150 Chorsängerinnen und -sänger. Ihnen und den Leitenden sowie dem Bayenthaler Kirchenmusiker Samuel Dobernecker, der im Gottesdienst die Orgel spielte, sprach Bock namens der ACK Köln großen Dank aus.
„Die Türen, die Türen, lasst uns in Weisheit acht geben.“
Das Glaubenskenntnis von Nicäa und Konstantinopel werde weltweit in jeder orthodoxen Eucharistiefeier gesprochen oder gesungen, informierte Miron eingangs seiner inspirierenden Predigt. Es sei 325 verfasst und 56 Jahre später in Konstantinopel komplettiert worden. „Auf jeden Fall aber wird dieses Glaubensbekenntnis eingeleitet durch den Ruf: ´Die Türen, die Türen, lasst uns in Weisheit acht geben´.“ Bis etwa zum 10. Jahrhundert sei das der Moment gewesen, in dem die nicht Getauften sowie die Feinde des Christentums und des Glaubens die Kirche zu verlassen hatten und die Türsteher die Pforte verriegelten. Allein die Eingeweihten, die gläubigen Christinnen und Christen, hätten das Mysterium der heiligen Eucharistie gefeiert. „Wer nicht denselben Glauben hatte, konnte nicht das Glaubensbekenntnis mitsprechen und also nicht am Gottesdienst teilnehmen.“
Aufforderung, die Türen zu öffnen
„Erstaunlicherweise findet sich dieser Ruf auch heute noch, tausend Jahre später, in unserer Liturgie“, stellte Miron fest. „Selbst wenn man schon bald nach der Abschaffung der Türschließung nicht genau verstand, was damit gemeint war.“ Der Liturgiekommentator Nikolaos Kabasilas habe im 14. Jahrhundert den Ruf „Die Türen, die Türen“ geschickt für seine damalige Zeit angewendet. In einer Zeit eines nicht mehr verfolgten Christentums, sondern einer eher saturierten Kirche habe er den Satz neu gelesen. „Er macht aus dem Befehl zur Schließung der Türen eine Aufforderung, sie vielmehr zu öffnen“ – alle Türen zu öffnen, auch Mund und Ohren, für die wahre Weisheit.
„Was ist denn jetzt mit den Türen, auf oder zu?“, blickte Miron auf die heutige Situation. Beides sei denkbar. „Geschlossene Türen würden bedeuten, wir kapseln uns ab, wir fliehen aus der Welt.“ Wir feierten „unter uns“ das Geheimnis des Glaubens. „Geht das überhaupt? Darf man das? Dürfen wir überhaupt den Schatz unseres Glaubens, der uns anvertraut wurde, vor den anderen verbergen?“, fragte Miron kritisch. „Müssen wir nicht missionarisch in der Welt und für die Welt sein?“ Dürften wir Jesu Auftrag verweigern, alle Völker zu seinen Jüngern zu machen und sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes zu taufen?
Das Glaubensbekenntnis als Türöffner?
Könne das Glaubensbekenntnis womöglich ein „door opener“ sein, ein in der Wirtschaft als Türöffner genutztes Instrument, um den Einstieg in neue Zielgruppen zu erleichtern. „Klingt schön, aber unrealistisch“, erteilte Miron dieser Idee eine Absage. „Wenn wir so denken oder reden, basiert unser Missionsauftrag, unsere Aufgabe in der Welt offensichtlich auf einer ökonomischen Sicht der Dinge: Wachstum, Expansion, Statistik.“ Doch bei Jesus Christus laufe es bekanntlich anders. „Da lässt der gute Hirte die 99 Schafe stehen, um sich dem einen zuzuwenden, das seine Hilfe in besonderem Maße benötigt.“ Qualität statt Quantität sei hier gefragt. „Schaffen wir es also, die Glaubwürdigkeit unserer christlichen Botschaft und unseres Bekenntnisses so zu vermitteln, dass wir unseren Glauben mitteilen, mit teilen mit den anderen.“ Ein in Nicäa gelernter Glauben, der in die Tiefe und nicht unbedingt sofort in die Breite gehe.
Jesus ist die Verkörperung der Weisheit Gottes
Die Türen auf oder zu, fragte Miron erneut und schlug vor: „Machen wir den Kabasilas.“ Wir sollten diesen Satz in der Aktualität lesen und deuten, die ihm heute zukomme. „Die Türen, die Türen, lasset uns in Weisheit achtgeben“: Wann immer in unseren gottesdienstlichen Texten von der Weisheit die Rede sei, sagte der Erzpriester, „ist Jesus Christus gemeint“. Er sei die Verkörperung der Weisheit Gottes. Die Sophia (Weisheit), bezog Miron sich auf den 1. Korintherbrief, werde wie der Logos, das Wort, für die orthodoxe Theologie zu einem Christus-Titel. „In Weisheit lasst uns acht geben“ bedeute also heute, erst recht heute, „in Christus lasst uns acht geben“ – Christus gemäß, ihm nachfolgend, ihn suchend und natürlich verkündend.
„Sich zu lieben, um eines Sinnes zu bekennen, betrifft uns alle.“
Uns vereine mit den Vätern von Nicäa und Konstantinopel die Erwartung des wiederkommenden Königs Christus, den wir im Credo bekennen würden. Vor dem Bekenntnis unseres Glaubens riefen wir uns mit „die Türen, die Türen“ gegenseitig zu, die Mauern niederzureißen, die uns von Gott trennten. „Und nicht nur diese, sondern alle Mauern, die uns voneinander trennen.“ Es sei kein Zufall, dass der Friedensgruß während der orthodoxen Eucharistiefeier an dieser Stelle vor dem Glaubensbekenntnis ausgetauscht werde. „Lasset uns einander lieben, damit wir eines Sinnes bekennen, den Vater und den Sohn und den Heiligen Geist, wesenseine und untrennbare Dreiheit.“ So laute dementsprechend der liturgische Dialog zwischen Diakon und der Gemeinde an dieser Stelle. Sich zu lieben, um eines Sinnes zu bekennen, betreffe eigentlich nicht nur die orthodoxen Christinnen und Christen, sondern uns alle, stellte Miron fest.
„Die Wiederentdeckung der gegenseitigen Liebe als Faktor in der Ökumene.“
„Das wäre doch ein unerwartetes Ergebnis des diesjährigen Nicäa-Jubiläums. Die Wiederentdeckung der gegenseitigen Liebe als Faktor in der Ökumene.“ Für diejenigen, denen das zu schnulzig klinge, schlug er eine etwas andere Formulierung vor: „Wir stehen alle in der Nachfolge dessen, der Gottes eingeborener Sohn ist.“ Ihn suchten wir in Liebe. Ihn würden wir bekennen und verkünden in Liebe. „Und heute Abend besingen wir ihn auch in Liebe und virtuos“, schloss der Prediger.
Den Schlusssegen dieses Gottesdienst, in dem unter anderem Angehörige vieler verschiedener Konfessionen das Christusbekenntnis (Mt 16,16) in ihrer jeweiligen Sprache vortrugen und das Glaubensbekenntnis von Nicäa-Konstantinopel auf Deutsch gesprochen wurde, erteilten neben Kleine und Miron der Stadtsuperintendent des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region, Dr. Bernhard Seiger.
Text: Engelbert Broich
Foto(s): Engelbert Broich
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