Unsere Archivale für November: Evangelische Insel in der Südstadt
Ein reges bauliches Treiben fand Ende der 1950er/Anfang 1960er Jahre in der Südstadt auf dem ehemaligen Kartäuser-Kloster-Gelände statt. Nicht nur das im Jahr 1960 das Haus der Evangelischen Kirche auf der Kartäusergasse eingeweiht wurde und die Verwaltung des Gesamtverbandes der evangelischen Kirchengemeinden im Kirchenkreis Köln (Vorgänger des Ev. Kirchenverbandes Köln und Region) ihre Arbeit am neuen Standort aufnehmen konnte, auch am Kartäuserwall wurde tatkräftig an der Umsetzung eines dreigliedrigen Baus gearbeitet.
Es sollte ein Gebäudekomplex entstehen, der an einem Ort sowohl soziale als bildungsorientierte evangelische Einrichtungen wie das Sozialwerk, die Mütterschule und Berufsschule vereinigte. Architekt Werner Haupt wurde mit der Planung und Umsetzung beauftragt.
Die erste feierliche Grundsteinlegung fand am 08.07.1960 statt. Ein bewegendes Zeugnis stellen die zwei Urkunden da, die sich in zwei Zeitkapseln auf dem Kartäuserwall befunden haben.
Das Haus der ev. Jugend wurde als erstes Gebäude fertig gestellt (14.10.1961). Ziel war es einen zentralen Ort zu schaffen, an dem Vernetzung sowohl zwischen den Jugendlichen, zwischen den Jugendmitarbeitern der Gemeinden als auch eine bessere Kontaktaufnahme zwischen Jugendlichen und Mitarbeitenden der Gemeinden für Jugendarbeit stattfinden konnte. Ferner sollten die jungen Menschen in ihrer Entwicklung, freien Meinungsbildung und Religiosität unterstützt werden. Das neue Haus sollte zudem Räumlichkeiten für die Beratung und Koordination der Jugendarbeit sowie Organisation von Ferienfreizeiten bieten. Ein Blick in das erste überlieferte Programmheft aus dem Jahr 1962-1963 zeigt ein vielfältiges Angebot, das neben Film- und Tanzabenden, Seminare zu religiösen, gesellschaftlichen und politischen Themen (auch in Fremdsprachen) sowie musikalische und sportliche Veranstaltungen, aufwies. Ferner gehörte ein regelmäßiger Austausch von Jugendgruppenleitern aus Ost und West dazu. Für auswärtige Gäste bot das Haus der ev. Jugend auch Übernachtungsmöglichkeiten.
Zwei Jahre später wurde auch das zweite Gebäude, die Mütterschule, feierlich eröffnet (18.02.1963). Die Mütterschule, die vom evangelischen Frauenbildungswerk e.V. betrieben wurde, konnte durch das neue Gebäude ihr Kursangebot ausbauen und zu einem Zentrum für die ganze Familie werden. In der Urkunde wird der Anspruch noch wie folgt beschrieben: „Wir leben in einer Zeit, in der Familie als Hort rechter Gottesfurcht und wahrer Frömmigkeit durch die Hast des Berufslebens und Angst vor der Zukunft vielfach gefährdet ist. Darum sieht es die Synode Köln als ihre Aufgabe an, durch die Errichtung dieses Hauses Gelegenheit zu schaffen, daß Frauen und Mädchen in ihren mütterlichen Gaben und Aufgaben so gefördert werden, daß sie im Geiste Jesu Christi zum Segen für alles ihnen anvertraute Leben wirken können.“ Auch wenn hier noch der Fokus auf den Bedürfnissen von Frauen nach Orientierung, besserer Vereinbarkeit von Familie und Beruf und in gewisser Weise auch Selbstfindung liegt, so wird das Angebot bereits wenige Jahre nach der Eröffnung bereits erweitert. Für junge Väter werden spezielle Kurse angeboten. Damit waren die ersten Schritte, ein Ort für die gesamte Familie zu werden, getan. Namentlich wurde dieser Entwicklung mit Verabschiedung des Weiterbildungsgesetzes (1975) auch Rechnung getragen. Die Mütterschule hieß von nun an Evangelische Eltern- und Familienbildungsstätte.
Wer Interesse hat sich die Urkunden anzusehen und mehr über die Geschichte der beiden Einrichtungen erfahren möchte, kann sich gerne an das Team des Archivs des evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region wenden.
Die Urkunden werden im November im Haus der ev. Kirche ausgestellt.
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Text: Stefanie Sternemann
Foto(s): Stefanie Sternemann
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