Premiere in der Philippuskirche – Ordination von Nicola Thomas-Landgrebe in Corona-Zeiten
Mit Premieren kennt sie sich bestens aus. Und nun kam eine weitere dazu. Als erste Pfarrerin in der Evangelischen Kirche im Rheinland nach Ausbruch der Pandemie wurde Nicola Thomas-Landgrebe ordiniert. Stadtsuperintendent Bernhard Seiger, auch Superintendent des Kirchenkreises Köln-Süd, war in die Philippuskirche in Raderthal gekommen, um die Einführung vorzunehmen. Den Gottesdienst leitete der Raderthaler Pfarrer Klaus Eberhard.
Pfarrerin Nicola Thomas-Landgrebe
Nicola Thomas-Landgrebe wurde 1967 in Augsburg geboren und ist Pfarrerin sozusagen auf dem zweiten Bildungsweg. Sie hat zunächst – soviel zum Thema Premieren – ein Schauspielstudium absolviert und war beispielsweise zehn Jahre lang Ensemble-Mitglied am renommierten Hamburger Thalia-Theater. Auch in TV-Produktionen war sie zu sehen. Zur Theologie gekommen ist sie mit Anfang 40 durch ihren Mann, der Pfarrer ist. Theologie hat sie in Bonn, wie sie selbst sagt, „durchstudiert“. Ihr Vikariat hat sie nun in Raderthal beendet und betreut derzeit in einem Sondervikariat beim Rundfunksender WDR 5 theologische Sendungen. Ab Oktober geht sie für den Probedienst in die Gemeinde Frechen.
Ordinations-Gottesdienst
Ihr Ordinations-Gottesdienst war virenbedingt mit Abstand ein besonderer. Die Besucherinnen und Besucher saßen allein oder zu zweit auf kleinen Stuhl-Inseln. „Wir müssen alle noch lernen, wie wir mit diesen Situationen umgehen“, sagte Nicola Thomas-Landgrebe. „Für mich ist die persönliche Begegnung der Schlüssel zu allem.“ Sie blickt auf eine „schöne Zeit“ in der Gemeinde zurück, in der sie viel gelernt habe und sehr gut aufgenommen worden sei. Ihr Dank gilt auch Pfarrer Eberhard, der ihr als Mentor bei allen Fragen kompetent und freundlich zur Seite gestanden habe.
Stadtsuperintendent Seiger formulierte in seiner Ansprache einige Gedanken zu dem Bibelwort „Du allein kennst das Herz aller Menschenkinder“ aus dem Ersten Buch der Könige 8,39. Darin heißt es: „Wenn eine Hungersnot oder Pest oder Dürre oder Heuschrecken oder Raupen im Lande sein werden oder irgendeine Plage oder Krankheit da ist: …. dann bittet und fleht, das Gott gnädig sein möge, denn du Gott allein kennst das Herz aller Menschenkinder.“ Natürlich habe in der Bibel nichts von Corona gestanden, aber doch von der Pest. Und zwar 20 Mal. „Man wusste, was das ist, dass da etwas Unheimliches nach den Menschen greift, was jeden treffen kann.“
Gottes Segen wird mit Ihnen sein
Seiger wandte sich an Nicola Thomas-Landgrebe: „Wenn einer einen Dienst im Weinberg Gottes und bei den Menschen annimmt, die ihm anvertraut sind, weiß niemand vorher, was dabei passiert. Das wusste Salomo damals auch nicht, als er den Tempel einweihte. In welchen Situationen die Menschen am Altar Gottes zusammen kommen würden. Das Wissen über die Zukunft ist uns entzogen.“ Sie liege in Gottes Hand. Niemand habe vor drei Monaten gewusst, wie einschneidend die Krise für das Leben jedes Einzelnen sei. „Unser Dienst wird jedenfalls in den Umständen wahrgenommen, in die wir Menschen hineinkommen.“ Grundlage für den Dienst sei: „Die Heilige Schrift ist Quelle und Richtschnur deines Auftrags. Das Bekenntnis der Kirche und das Gespräch der Geschwister werden dir helfen, das Wort Gottes recht zu verkündigen.“
Wer ordiniert werde, stehe in der Reihe der Propheten des Alten und Neuen Testaments, „die den Auftrag haben, auf Gott zu hören, mit wachem Verstand zu studieren und ihr Gehörtes weiterzugeben. Verständlich und in ihre Zeit gewendet.“ Der Pfarrberuf ist für Seiger einer der schönsten und vielseitigsten Berufe, die es gibt. Paulus schreibe: „Zur Freiheit seid ihr berufen.“ Zum Thema Freiheit: „Das ist eine wunderbare Zusage. „Von Christus frei gesprochen und ausgestattet mit Füßen, die ins Weite gesetzt werden können. In dem Sinne: Viel Vertrauen in den Weg, den Sie gehen, Gottes Segen wird mit Ihnen sein!“
Erste Predigt
In ihrer ersten Predigt als ordinierte Pfarrerin befasste sich Nicola Thomas-Landgrebe mit den Versen 19 bis 23 des 20. Kapitel des Johannes-Evangeliums, in dem sich Jesus nach seinem Kreuzestod den Jüngern zeigt. Die haben sich aus Angst vor gewalttätigen Übergriffen hinter verschlossenen Türen versammelt. Dann sei Jesus erschienen und habe gesagt „Friede sei mit Euch.“ Und dann: „Und von einem Augenblick zum anderen ist alles anders. Keiner erschrickt oder fragt, wie das möglich sein kann. Friede ist im Raum. Und dieser Friede ist ebenso wunderhaft wie die Tatsache, dass Jesus durch eine geschlossene Tür kommt“, sagte Nicola Thomas-Landgrebe. Mit der geschlossenen Tür habe Jesus Christus gleichsam den Tod überwunden. „Er ist sozusagen in echt gestorben und in echt unter den Jüngern. Beides gehört zusammen, eins ohne das andere ist nicht denkbar.“
Obwohl klar gewesen sei, dass Jesus nun auch wieder vor ihren Augen verschwinden werde, hätten die Jünger nun die Erfahrung gemacht, dass er in ihren Herzen weiterlebe und von nun ab immer bei ihnen sein werde. In dieser Szene würden ganz deutlich Zeit und Raum aufgehoben. Sie wirke schwerelos. „Das ist kein Zwischen-Frieden, und keiner, der auszuhandeln ist. Und kein Frieden zum Luft holen. Es ist der Frieden Gottes, der immer und für ewig gilt. Er ist einfach da.“ Jesus Christus spreche den Jüngern das volle Vertrauen aus. Und sie übernähmen die Aufgabe Jesu. Frei und ohne Angst. Da sei kein Raum mehr für Angst, Verzagtheit oder Verzweiflung. Der „neue Abschied“ machte die Jünger frei.
Von Türen während der Pandemie
„Können wir uns frei machen von Angst und Selbstsorge?“, fragte die Pfarrerin. Im Moment seien viele Türen verschlossen. Und zwar nicht nur wegen der Pandemie. Viele wendeten sich ab von der Kirche. Jesus Christus aber überwinde geschlossene Türen. „Auch unsere Ängste können durch den Heiligen Geist überwunden werden“, sagte Nicola Thomas-Landgrebe.
Sie erinnerte an Internet-Gottesdienste und die Absage von Feiern in Kirchen, die Mobilisierung anderer Formate und Methoden, Gemeinschaft an anderen nicht physischen Wegen herzustellen: „Die Geschwister Angst und Sorge haben dies möglich gemacht.“ Eine Gegenmacht zur Angst, wie sie der Evangelist Johannes beschreibe, sei die Gabe des Heiligen Geistes. „Sie kennt keine Angst, sondern befreit zur Erfahrung wahrer Menschlichkeit.“
Die Türen in der alltäglichen Erfahrungswelt öffnen sich allmählich wieder. Man könne problemloser einkaufen, Kinder wieder unterbringen und den Arzt aufsuchen. „Das Bild der Tür in Bezug auf Jesus Christus ist ein anderes“, erklärte die Pfarrerin zum Schluss: „Jesus Christus selbst ist die Tür. Es gibt keinen anderen Eingang zu Gott. Denn Jesus spricht: ,Ich bin die Tür, so jemand durch mich hindurchgeht, wird er selig werden und wird ein und aus gehen und Weide finden.‘“
Text: Stefan Rahmann
Foto(s): Stefan Rahmann
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