Ordination von Prädikantin Alexandra Wisotzki: „Was ist mit der Nächstenliebe?“
„Dazu ist erschienen der Sohn Gottes, dass er die Werke des Teufels zerstöre.“ Mit dem Wochenspruch aus dem 1. Johannesbrief begrüßte Pfarrer André Kielbik die Gemeinde in der Bayenthaler Reformationskirche zum Gottesdienst zur Einführung von Alexandra Wisotzki in ihr Amt als Prädikantin. Kielbik war während der Ausbildung ihr Mentor. Ordiniert wurde die Grundschullehrerin von Superintendent Bernhard Seiger. Damit darf sie das Evangelium verkünden, „wie es grundlegend bezeugt ist in der Heiligen Schrift“.
Seiger zititierte des entscheidenden Satz aus der Urkunde: „Im Namen des Heiligen Geistes wurde Alexandra Wisotzki, geboren am 25. Februar 1966 in Leverkusen, heute im Gottesdienst der Evangelischen Kirchengemeinde Köln-Bayenthal nach der Ordnung unserer Kirche zum Dienst der öffentlichen Verkündigung, der Sakramentsverwaltung und der Seelsorge berufen.“ Mit dem Prädikantenamt werde der Gedanke des Priestertums aller Gläubigen ernst genommen, so der Superintendent. Daran werde der Unterschied im Amtsverständnis deutlich sichtbar zu römisch-katholischen Geschwisterkirche. „Und es gibt in unserer Landeskirche keine Ordination erster oder zweiter Klasse.“
Buntheit und Vielfalt
Unterschiede zwischen Pfarrerinnen und Pfarrern und Laien im Prädikantenamt bestünden in der Gesamtverantwortung für die Gemeinden und die Freiwilligkeiten der Dienste. Der Prädikantendienst sei immer ehrenamtlich. Prädikanten und Prädikantinnen brächten auf Grund ihrer Lebens- und Glaubenserfahrungen und ihrer beruflichen Horizonte eine andere Perspektive in die Verkündigung ein. „Dies bereichert die Vielfalt der Verkündigung so wie etwa in einem Glaubensgesprächskreis alle gewinnen, wenn viele unterschiedliche Menschen zusammenkommen und über ein bestimmtes biblisches Wort nachdenken, darüber sprechen und ihre Gedanken austauschen. Das macht die Buntheit und die Vielfalt der Christenmenschen aus.“ Prädikanten seien ausdrücklich nicht die Vertretung von Menschen im Pfarramt, sondern Ergänzung zu dem, was im Pfarramt geschieht.
Seiger verwies darauf, dass Alexandra Wisotzki über große Erfahrungen in Ehrenämtern der Gemeinde verfüge. „Wir haben Kinderkirche zusammen gemacht. Von 2012 bis 2021 waren Sie Presbyterin in unserer Gemeinde, davon etliche Jahre als Kirchmeisterin. Sie haben die kirchenmusikalische Arbeit in unserer Gemeinde nach Kräften gefördert. Sie haben im Diakoniebereich gearbeitet. Außerdem haben Sie in den vergangenen Jahren die Ausbildung zur Grundschullehrerin absolviert. Und das ist alles zusammen schon eine beeindruckend lange Liste.“ Seiger bedankte sich ausdrücklich bei der Prädikantin für ihre Arbeit, die sie in den vergangenen Jahren in der Gemeinde geleistet hat.
Auch der Superintendent ging ein auf den Wochenspruch „Dazu ist erschienen der Sohn Gottes, dass er die Werke des Teufels zerstöre.“ Seiger schlug den Bogen zu den Aufgaben im Prädikantenamt. „Mit dem Predigen ist es so, dass man mit dem Kopf und mit dem Herzen und mit der Seele das Wort Gottes hört und liest.“ Und es dann übersetze für das Hier und Heute. Am Tag der Ordination begann die Passionszeit. „Eine so wichtige Zeit, in der wir die Antennen ausfahren für das, was eine Lebenswirklichkeit ist, nämlich leiden. Und Unvollkommenheit des Lebens.“ Wenn man sonntags predige, geschehe das immer in einem Ort von Raum und Zeit. „Wie ist heute eine Predigt in Kiew?“
Freiheit gewinnen
Zwischen dem Lesen in der Heiligen Schrift und dem Durchwirken in der eigenen Person bestehe immer eine Beziehung. Es gelte immer, die Dinge aufeinander zu beziehen. „Das macht unsere Aufgabe so spannend. Und immer wieder neu.“ Der Wortbestand sei im Prinzip immer gleich, er sage nur immer wieder etwas anderes im Kontext der Aktualität. Im Wochenspruch sei die Rede von Christus, „der unser Leben verändert und trägt, auf ihn zu sehen üben wir ein ganzes Leben lang als Christenmenschen ein ein Leben lang und jeden Tag neu. Und die Werke des Teufels? Es zeigt sich, die Bibel redet von Kräften, die mehrere Dimensionen haben.“ Beim Eintauchen in die Bibel stoße man auf Engel, und manchmal seien auch Teufel am Werk. „Wo ist der Teufel am Werk? Da wo er Wahrheiten verdreht und Menschen manipuliert?“ Und an Alexandra Wisotzki gewandt: „Wenn Sie predigen, können Sie uns eine Sehhilfe geben, anders zu sehen als mit den Augen eines Reporters, eines Pessimisten oder eines Zynikers. Wenn man Zeuge der Gnade ist, Zeugin der Hoffnung, dann kommen immer auch andere Töne hinein, die den Horizont und den Raum weiten, so dass wir nicht dem überlassen bleiben, was uns jeden Tag vor Augen gestellt wird. Freiheit kann gewonnen werden beim Hören auf das Wort Gottes.“
In ihrer Predigt griff die neue Prädikantin den Satz „Der Mensch denkt, Gott lenkt“ auf. „Ist es egal, was wir machen, Gott macht sowieso, was er will?“ Eben dieses Bild von Gott habe Paulus, „vielleicht der erste Christ“, nicht in der Welt verbreiten wollen. „Paulus stand eher auf dem Standpunkt, das wir Mitarbeiter Gottes sind.“ Dass Gott Tun und Handeln von den Christinnen und Christen verlange und nicht, die Hände in den Schoß zu legen. Im Predigttext des Tages gehe es um die Versuchungen, denen die ersten Christen ausgesetzt gewesen seien, die Paulus vom Glauben überzeugt habe, die aber immer wieder vom Glauben abgefallen seien. „Immer wieder musste Paulus losziehen, schreiben und anschreiben gegen die Beliebigkeit und die Abtrünnigkeit.“ Paulus appelliere in seinen Briefen immer wieder an die Mündigkeit der Menschen. Innerhalb der „Mitarbeitschaft Gottes“, gebe es keine Hierarchien. Jeder sei aufgerufen, für sich zu denken. Mit der Gnade „als bedingungsloses Geschenk Gottes für uns“, sei sorgfältig umzugehen. Niemand müsse Vorleistungen erbringen. „Zu Gott zu beten und zu rufen ist das, was von uns gefordert ist.“
Die Liebe zu Gott
Gott werde hören, wie man aus dem 2. Korintherbrief wisse. Wisotzki fragte nach der Botschaft, die aus den Worten spreche, wenn es heiße, dass man sein Tun nach Gott richten wolle. Was sei das, das Paulus antreibe, wofür er sogar ins Gefängnis gehe? „Es ist die Liebe zu Gott, der Glaube an einen Gott, der durch seinen Sohn, unseren Herrn Jesus Christus, in die Welt gekommen ist und durch seinen Sohn alle Facetten der Liebe durchdeklinieren ließ.“ Nächstenliebe gehe über die Familie weit hinaus. Sie umfasse letztlich auch die Feindesliebe. Nächstenliebe stehe ausdrücklich gegen Ausgrenzung.
Der Glaube schenkt Trost
Im zweiten Teil des Predigttextes beschreibe Paulus die Situation derer, die in Bedrängnis gerieten, weil sie das Wort Gottes verbreiteten. Wisotzki fühlte sich bei den Worten des Paulus an die Menschen in der Ukraine, die schutzlos der Bedrängnis ausgeliefert seien und sich oft nicht einmal von ihren Liebsten verabschieden konnten. Und an die, die in einen Krieg geschickt worden seien, bei dem es keinen Gewinner geben könne. „Die Menschenrechte werden mit Füßen getreten, und die Gebote, die Gott den Menschen gegeben hat und die er durch seinen Sohn, unseren Herrn Jesus Christus, bekräftigt hat, werden mit Füßen getreten. Was sagen uns die Wortes des Paulus von der Mitarbeiterschaft?“ Der Krieg in der Ukraine betreffe letztlich alle. „Was ist mit der Nächstenliebe?“ Es gelte, aus einem Gebet Kraft zu schöpfen. Natürlich könne ein Gebet den Krieg nicht stoppen, aber wir können uns vergewissern, und wir können andere vergewissern, dass es doch jemanden gibt, den wir in der Not rufen können und der uns erhören wird, der nicht jedem Einzelnen vielleicht in der Art und Weise helfen können wird, wie man sich das wünscht. Aber es ist der Glaube, der Trost schenkt. Der uns Kraft schenkt für uns und andere, die wir bitter notwendig haben.“
Text: Stefan Rahmann
Foto(s): Stefan Rahmann
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