Ökumenisches Seminar „FriedensMut“ – Ausbildung zum Friedenstheologen
An sechs Wochenenden, verteilt auf das Jahr 2023, können sich interessierte Frauen und Männer in einem ökumenischen Seminar zu gemeindlichen Friedenstheologinnen und -theologen ausbilden lassen. Die Teilnehmenden nehmen biblische Perspektiven ein, wenn es gilt, aktuelle Fragen und Herausforderungen in den Blick zu nehmen und reflektieren dies im Gespräch. Kirchengeschichtliche Entwicklungen des Friedensdenkens und der Friedenspraxis werden in ihren Hauptlinien erfasst. Gemeinsam üben sie sich darin ein, in den eigenen Gemeinden Zeichen des Friedens zu setzen. Am Ende der Reihe erhalten alle ein Zertifikat. Die Termine sind jeweils am Freitag, von 18 bis 22 Uhr und am Samstag, von 9.30 Uhr bis 13.00 Uhr, in den Räumen der Melanchthon-Akademie, Kartäuserwall 24b und im Domforum, Köln.
Die Themen der ersten drei Wochenenden sind: „Quellen der Friedenssehnsucht“ (24. und 25. Februar), „FriedensStärken“ (21. und 22. April) sowie „Frieden üben“ (16. und 17. Juni). Die Themen für die folgenden Wochenenden 25. und 26. August, 20. und 21. Oktober und 1. und 2. Dezember werden gemeinsam im Prozess erarbeitet und festgelegt. Referentinnen und Referenten sind Pfarrer Dr. Martin Bock, Leiter der Melanchthon-Akademie, Beate Engelke und Pfarrer Dr. Matthias Engelke, Ökumenisches Institut für Friedenstheologie, Pfarrerin Sabine Petzke sowie Dr. Rainer Will, Katholisches Bildungswerk Köln. Wer vorab mehr erfahren möchte, ist zu einem Informationsabend am Mittwoch, 11. Januar, 18 Uhr, in die Melanchthon-Akademie, eingeladen. Um Anmeldung zur Ausbildung per E-Mail an anmeldung@melanchthon-akademie.de bis Mittwoch, 1. Februar, wird gebeten. Die Teilnahme kostet 60 Euro pro Halbjahr.
Ein Interview mit Dr. Martin Bock:
Beim Seminar werden die Teilnehmenden biblische Perspektiven einnehmen, wenn es gilt, aktuelle Fragen und Herausforderungen in den Blick zu nehmen. Haben Sie für biblische Perspektiven in Bezug auf aktuelle Thematiken Beispiele?
Martin Bock: Das Neue Testament, aber letztlich die ganze Bibel, ist von der Erfahrung bestimmt, dass es andere sind, die politisch das Sagen haben. Gewalt und Unterdrückung sind an der Tagesordnung. Am ehesten trifft diese Realität die kleinen Leute. Aus ihrem Mund ertönen Psalmen mit ihrer flehentlichen Bitte, dass die Gewalt endet, dass Gott eingreife, dass er die „Mächtigen vom Thron stürzt“, wie es im Magnifikat heißt, dass er Kraft zum Widerstehen schenkt. Mit dieser Sehnsucht nach einem gerechten Frieden sind wir ganz nah an den Krisen und Situationen in Osteuropa, im Iran. Man könnte auch sagen: Die Bibel erzählt von Menschen, die ihren Mut nicht verlieren. Das alles aber hart an der Grenze zur Realität, wie in einer Suchbewegung, was jetzt in dieser Situation „am Abgrund“ noch gesagt werden kann. Übrigens scheuen sich zum Beispiel die Evangelien nicht, auch das Scheitern zuzulassen. Von Jesus von Nazareth wird zeitweise so erzählt, dass er eher wie ein „gescheiterter Messias“ wirkt. So wie von vielen Königen und Königinnen und Propheten und Prophetinnen des Alten Testamentes.
Worin zeigen sich Friedensdenken und Friedenspraxis in der Geschichte der Kirche? Auch in Bezug auf die Gegenwart?
Martin Bock: Natürlich wird in unserem ökumenischen Seminar davon die Rede sein, dass die Kirche mit dem „konstantinischen Zeitalter“, in dem sie seit dem 4. Jahrhundert zur Staatskirche wurde, aus der Rolle der Anwältin der kleinen Leute zu einem Herrschaftsinstrument geworden ist. Dieser Rollenwechsel ist eine ständige Gefahr, in der Neuzeit vor allem in der verhängnisvollen Wendung zum politischen und religiösen Nationalismus. Der russisch-orthodoxe Patriarch Kyrill macht sich seit Monaten zum Sprecher einer solchen Haltung, die man eigentlich nur pseudo-christlich nennen kann. Aber auch die anderen europäischen Kirchen haben noch vor 100 Jahren, im Umkreis des 1. Weltkrieges, einem ähnlichen Nationalismus zugestimmt und eine Art „Weltkriegstheologie“ vertreten, welche Gräueltaten religiös verbrämt hat. Umso deutlicher werden wir in unserem Seminar aber nach anderen Spuren suchen: nach einer christlichen Spiritualität des (gewaltfreien) Widerstands zum Beispiel. Wir werden uns mit dem „Mythos der erlösenden Gewalt“ beschäftigen, der sich auch in biblischen Texten sowie in der Religionsgeschichte findet. Und wir schauen über das Christentum hinaus, wo Gewaltüberwindung Menschen auf den Weg gebracht hat.
Wie zeigt sich „Frieden üben“, ein Thema eines Wochenendes, in der Praxis im Alltag?
Martin Bock: An diesem Wochenende im Juni werden wir uns an den verschiedenen menschlichen Lebensphasen orientieren, in denen Menschen ganz konkret „Frieden üben“ können. Es beginnt schon ganz früh mit der Pädagogik der Achtsamkeit von Emmy Pickler, die viele Eltern und Kinder in frühkindlichen Kursen kennenlernen. Wir werden Streitschlichter und Streitschlichterinnen aus der Schule kennenlernen und uns mit der Methode der Gewaltfreien Kommunikation beschäftigen. Aber auch auf die Lebensphase des „Alt werdens“ schauen wir. Auch hier gibt es Phänomene der Gewalt, zum Beispiel in der Pflege. Übrigens hat uns für den ganzen Kurs und besonders für dieses Wochenende das tolle Lied von Udo Lindenberg „Komm, wir ziehen in den Frieden“ inspiriert, das ja auch ein Viel-Generationen-Lied ist: „Wir sind mehr als du glaubst. Wir sind schlafende Riesen. Aber jetzt stehen wir auf. Lass sie ruhig sagen, dass wir Träumer sind. Am Ende werden wir gewinnen. Wir lassen diese Welt nicht untergehen. Komm wir ziehen in den Frieden…“
Weitere Informationen:
https://friedenstheologie-institut.jimdofree.com
Text: Frauke Komander/APK
Foto(s): APK/Flyerausschnitt
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