Nachrichten von der Frühjahrssynode des Kirchenkreises Köln-Süd: „Schutzkonzept meets Sexualpädagogik“

Die Tagung der Kreissynode des Evangelischen Kirchenkreises Köln-Süd begann am vergangenen Samstag mit einem Abendmahls-Gottesdienst in der Diakonie Michaelshoven. In der gut besuchten Erzengel-Michael-Kirche gestalteten Jugendliche zusammen mit Mitgliedern der Arbeitsgruppe „Schutzkonzept“ den Synodengottesdienst.

Unter anderem mit einer berührenden Aufführung unter dem Titel „Richtig? Oder falsch?“ führte das Gottesdienstteam die Besucherinnen und Besucher in das Thema ein. In einem Anspiel führten die Jugendlichen den Synodalen das Thema vor Augen. Mit viel Mut und Engagement stellten sie persönliche Erfahrungen aus Schulalltag, Freizeiten und im Umgang miteinander dar. „Wir sind froh, dass ihr da seid, dass ihr mit uns zusammen so wach auf unser Leben schaut und dass wir gemeinsam so viel tun können“, dankte Superintendent Dr. Bernhard Seiger den Jugendlichen.

Das „Schutzkonzept des Kirchenkreises Köln-Süd zur Prävention sexualisierter Gewalt und zum Umgang mit Verletzungen der sexuellen Selbstbestimmung von Kindern und Jugendlichen im Raum der evangelischen Kirche” war das Hauptthema der Frühjahrssynode des Kirchenkreises, die ihre Sitzung in der Aula des Berufsförderungswerks Köln fortsetzte. „Schutzkonzept meets Sexualpädagogik“ lautete der Titel eines Vortrages, mit dem Anja Franke, Diplom-Pädagogin und Vorsitzende des Vereins zur Förderung von Sexualpädagogik und sexueller Bildung e.V. aus Koblenz, in das Thema einleitete. Synodalassessor Rüdiger Penczek stellte das Thema vor: „Mancher hat kritisiert, dass der Titel ein bisschen läppisch formuliert ist. Wir wollen fröhlich und mutig an das ernste Thema herangehen.“

Der Weg zum Schutzkonzept

Penczek erinnerte an das Verfahren, wie das Schutzkonzept in der evangelischen Kirche implementiert wurde. „Das wurde praktisch von der EKD über die Landeskirchen an die Kirchenkreise und schließlich an die Gemeinden durchgereicht.“ Über Jahrzehnte habe auch die Evangelische Kirche in vielen Bereichen beim Thema Missbrauch nicht hingeschaut. Jetzt gelte es, Prävention und Intervention zu verbinden. Sexualpädagogik und das Schutzkonzept gehören aus seiner Sicht unbedingt zusammen. Er wünsche sich ein Schutzkonzept, das nicht einenge, sondern Raum gebe.

Anja Franke wies in ihrem Vortrag darauf hin, dass ein Schutzkonzept für Kinder und Jugendliche nur mit diesen zusammen entwickelt werden könne. Weiter stellte sie fest, dass die Gemeinden des Kirchenkreises den ersten Schritt auf dem Weg zum Schutzkonzept bereits hinter sich hätten. Dies ist aus ihrer Sicht die Analyse missbrauchsbegünstigender Strukturen.

Kirche und Sexualität

Bei dem Schutzkonzept gehe es vor allem auch darum, eine Haltung zum Thema Sexualität zu entwickeln. Wichtig sei, dass nicht der gefahrenorientierte Blick überwiege und dass Sexualität als potenzielles Risiko wahrgenommen werde, führte Franke weiter aus. „Der Mensch ist ein sexuelles Wesen von der Geburt bis zum Tod. Sexualität ist mehr als Genitalität und Geschlechtsverkehr“, erklärte sie weiter.

Die Kirchen stehen nach ihrer Meinung angesichts der öffentlichen Debatte unter Druck. Dies gelte auch für Pfarrerinnen und Pfarrer sowie pädagogische Fachkräfte. „Die fragen sich: Was darf ich eigentlich noch?“, fuhr Franke fort. Wichtig sei die Begleitung und Fortbildung für Mitarbeitende. Das Thema sexueller Missbrauch komme in der Ausbildung von Pfarrerinnen und Pfarrern sowie pädagogischen Fachkräften kaum vor. Ein Handlungsleitfaden, wie zum Beispiel ein Schutzkonzept, schaffe Sicherheit. Eines muss aber aus ihrer Sicht strikt beachtet werden: „Eine Sexualpädagogik, die sich im Schutzauftrag erschöpft, wird den Lebens- und Liebesthemen von Jungen und Mädchen nicht gerecht.“

Sexualpädagogik

Synodalassessor Rüdiger Penczek mit Anja Franke über die Weiterarbeit an dem Schutzkonzept

Anja Franke ging in ihrem Vortrag auf die „dreifache Sexualisierung“ von Jugendlichen nach Cornelia Helfferich ein. Dieser Ansatz beschäftigt sich mit der Sexualisierung des Körpers, der Person und der sozialen Beziehungen. Die Fragen während der Pubertät seien immer die gleichen. „Bin ich normal? Verhalte ich mich richtig? Bin ich attraktiv?“ Die Kontrollinstanz sei immer die Gruppe, in der man agiere. Sexuelle Selbstbestimmung sei eher ein Thema für Mädchen, sexuelle Aktivität eher eines für Jungen. „Beide Geschlechter sind sich einig: Die Verantwortung für das Gelingen sexueller Aktion liegt beim Jungen“, fuhr Franke fort. Das Gebot Jesu „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“, sei der Maßstab für verantwortlich gelebte Sexualität.

Gegen Ende des Vortrags definierte Anja Franke noch einmal die zentralen Begriffe. „Kernaufgabe von Prävention ist die Auseinandersetzung der Erwachsenen mit der eigenen Haltung zu Gewalt und ihrem Verständnis von Sexualität, die Übernahme von Verantwortung und der Mut, Positionen zu beziehen und diese in Handlung umzusetzen.“ Sexuelle Bildung und emanzipatorische Sexualpädagogik seien die „Hinführung zu einer Bejahung sexueller Bedürfnisse auf allen Ebenen und zur Partnerschaft, Verantwortung, Solidarität und Toleranz sowie die Befähigung zu einem Prozess von Emanzipation, Selbstbildung, Bildung von Resilienz.“

Zwei Ebenen der Prävention

Franke sieht hier zwei Ebenen, auf denen man präventiv gegen sexualisierte Gewalt vorgehen muss. Diese sind zum einen Übergriffe von Mitarbeitenden und zum anderen Übergriffe unter Kindern von Gleichaltrigen oder Älteren. „Prävention ist immer Erwachsenenaufgabe“, formulierte sie ihre zentrale Aussage. Am Ende ihres Vortrages zitierte sie Dr. Miriam Damrow vom Lehrstuhl für Pädagogik an der Universität Nürnberg: „Präventionskonzepte, die gegen sexuellen Missbrauch arbeiten, aber ohne explizit sexuelle Bezüge aufzuklären, erreichen alles Mögliche, aber keine erfolgreiche Präventionsarbeit gegen sexuellen Missbrauch. Deshalb sollte die Erfassung des Sexualwissens, die konkrete und korrekte Bezeichnung der Genitalien ebenso Standard sein wie die kindliche Sexualität und Jugendsexualität.“

Im Anschluss an den Vortrag verteilte Rüdiger Penczek zusammen mit seinen Kolleginnen und Kollegen Materialien über sexualpädagogische Themen, die zur Diskussion beitragen werden. Der Entwurf des Schutzkonzeptes liegt bereits seit vier Wochen den Gemeinden vor und soll nun in den Gemeinden diskutiert werden. „Übernehmen Sie das“, forderte er die Zuhörerinnen und Zuhörer auf. „Aber übernehmen Sie das nicht nur mit Copy and Paste, sondern auch mit Herz und Hirn.“ Im November wird die Synode abschließend über das Schutzkonzept entscheiden.

Kirchenkreis ist finanziell gut aufgestellt

Lothar Ebert, Vorsitzender des Finanzausschusses des Kirchenkreises, erläuterte den Synodalen im weiteren Verlauf der Sitzung den Jahresabschluss für 2018. Die Synode nahm die Bilanzsumme von 2.328.138,13 Euro und das Haushaltsergebnis in Höhe von 127.479,67 Euro einstimmig zur Kenntnis. Zusammen mit dem Ergebnisvortrag aus 2017 in Höhe von 138.579,77 Euro ergibt sich ein Bilanzergebnis von 266.059,44 Euro.

Die Synodalen entschieden, einen Teil der Mittel in Rücklagen einzustellen und außerdem einige Projekte außerhalb des Kirchenkreises zu unterstützen. Dazu zählen zum Beispiel der Girlspace e.V. und das Bildungsprojekt „Das neue Kreisau“. 97.332,00 Euro werden an die Gemeinden ausgeschüttet. Das entspricht 1,50 Euro pro Gemeindeglied. 99.035,34 Euro gehen als Vortrag in das Haushaltsjahr 2019.

Personalia

Superintendent Dr. Bernhard Seiger dankte im Synodengottesdienst Sabine Finster für ihre Arbeit und ihr Engagement

Die Juristin Sabine Finster hat ihr Amt als Mitglied im Kreissynodalvorstand aus beruflichen Gründen niedergelegt. Im Synodengottesdienst dankte ihr Superintendent Dr. Bernhard Seiger für ihre Arbeit und ihr Engagement. Sabine Finster war seit 2012 im Vorstand der Kreissynode und im Vorstand des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region. Hier wurde sie nicht nur für ihr juristisches Know-how, sondern auch für ihre Freude und Freundlichkeit geschätzt. „Sie fehlen uns“, sagte Seiger und war gleichermaßen froh, dass sie dem Presbyterium ihrer Kirchengemeinde erhalten bleibt.

Weitere personelle Veränderungen sind: Pfarrerin Ute Grieger-Jäger aus Hürth ist in den Ruhestand getreten. Pfarrer Thomas Hennig geht im August in den Ruhestand, Pfarrer Gerhard Johenneken im September. Pfarrer Jan Ehlert hat die 2. Pfarrstelle der Evangelischen Kirchengemeinde Hürth übernommen. Carolin Schnabel arbeitet im Pfarrverhältnis auf Probe in der Evangelischen Kirchengemeinde Rodenkirchen sowie im Bereich der Krankenhausseelsorge der Uniklinik Köln.
Folgende Pfarrerinnen und Pfarrer wurden gewählt und werden in den nächsten Monaten in ihre Ämter eingeführt: Pfarrerin Franziska Boury, Pfarrer Oliver Mahn und Pfarrer Roman Michelfelder.

Der Diplom-Kaufmann aus Köln-Bayenthal, Alexander Remy, wurde für die restliche Amtsperiode bis 31.12.2020 als ordentliches Mitglied in den Rechnungsprüfungsvorstand der Evangelischen Rechnungsprüfungsstelle Köln-Bonn-Hessen gewählt. Ein stellvertretendes Mitglied für die hierdurch freigewordene Stelle konnte zum Zeitpunkt der Sitzung noch nicht gefunden werden.

 

Text: Stefan Rahmann/APK
Foto(s): Stefan Rahmann/APK

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