Kreissynode Juni 2013

Superintendent Dr. Bernhard Seiger begrüßte bei der Frühjahrs-Tagung der Kreissynode des evangelischen Kirchenkreises Köln-Süd am Samstag, 8. Juni 2013, 74 von 81 stimmberechtigten Mitgliedern im Berufsförderungswerk Michaelshoven in Köln-Rodenkirchen. Das Schwerpunktthema hieß: „Seelsorge als Muttersprache der Kirche entwickeln und stärken“. Dazu hielt Landespfarrer Edwin Jabs einen Vortrag. Anschließend tauschten sich die Synodalen in kleinen Arbeitsgruppen über die Seelsorge für jeweils spezielle Zielgruppen aus: Jugendliche, Senioren, Eltern, Singles, Trauernde, Menschen in besonderen Krisensituationen und Gottesdienstbesuchende.

Landespfarrer Edwin Jabs hielt einen Vortrag auf der Synode des Kirchenkreises Köln-Süd

„Ruhe für die Seele, wie geht das?“
Eröffnet wurde die Synode mit einem Abendmahls-Gottesdienst in der Erzengel-Michael-Kirche im Diakoniedorf Michaelshoven. Mitwirkende waren die Pfarrer André Kielbik und Superintendent Dr. Bernhard Seiger sowie die Presbyterinnnen Ute Dorow-Müller und Henrike Spätgens von der Evangelischen Kirchengemeinde Köln-Bayenthal und Dr. Philipp Cepl, Presbyter in der Evangelischen Kirchengemeinde Rondorf. Die musikalische Gestaltung oblag Kreiskantorin Barbara Mulack an der Orgel. Ausgehend von Matthäus 11, 28-29 („Kommt her zu mir, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken. Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir; denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig; so werden ihr Ruhe finden für eure Seelen.“) fragte Kielbik in seiner Predigt: „Ruhe für die Seele, wie geht das? Wie lerne ich, wenn ich mich auf ihn (Gott) einlasse?“ Der Liturg erklärte, er habe mittlerweile einen treuen Begleiter, wenn er an ein Sterbebett trete, nämlich das Gesangbuch. Mit vor allem christlichen Liedern aus mehreren Jahrhunderten, deren seltsame alte Sprache schmunzeln lasse und zugleich tröste. „Seine Lieder sind Gespräche, von denen ich lerne.“ Das fremde Wort eines solchen Liedes stelle einen Abstand im Gespräch her. „Wir sagen mit einem Lied mehr, als mit unseren eigenen Worten möglich ist“, so Kielbik. Und: „Ruhe für die Seele wird von der Gemeinschaft wiedergegeben, die sich unter dem Kreuz versammelt hat.“ In die Fürbitten wurden auch die von der aktuellen Hochwasserkatastrophe in Teilen Deutschlands betroffenen Menschen, die Helfer und Seelsorger einbezogen. Die Kollekte des Gottesdienstes in Höhe von 309,35 Euro dient der Unterstützung der Schneller-Schulen im Libanon und in Jordanien.

Seelsorge muss Ohnmacht und Verzweiflung aushalten
Eingangs seines gut strukturierten Vortrages „Seelsorge als Muttersprache der Kirche entwickeln und stärken“ ging Diplom-Psychologe Edwin Jabs, Leiter der Hauptstelle für Familien- und Lebensberatung der Evangelischen Kirche im Rheinland (EKiR), auf die gleichnamige Handreichung der Landeskirche ein. Das Papier von 2011 habe in Kirchenkreisen Skepsis ausgelöst. Man habe gefragt, „Ist unsere Seelsorge nicht gut genug?“ Und: „Was sollen wir noch alles machen?“ Ziele der Handreichung seien, „etwas von der Fülle der Seelsorge erfahrbar zu machen“ und „ihre Möglichkeiten exemplarisch aufzuzeigen“, stellte er fest. Tatsächlich erwarteten Kirchenmitglieder Hilfe in allen persönlichen Krisensituationen. Somit komme der Seelsorge eine zentrale Bedeutung zu.
„Seelsorge ist Praxis des Evangeliums. Sie nimmt den anderen an so wie er ist.“ Sie geschehe im Angesicht Gottes, auf Augenhöhe, kenne keine Hierarchie, habe die psychische und soziale Situation des Suchenden im Blick. Es gehe darum, andere in Beruhigung zu bringen. Jabs nannte vier wesentliche Punkte: Tröstung und Ermutigung, Stärkung und Entwicklung, Krisen und Konflikte, Grenzhaltungen und Grenzen. Ebenso wie die Sterbenden müssten deren Angehörigen getröstet werden. Er sprach von einer Seelsorge, die ihre „Ohnmacht und Verzweiflung aushält und sie dennoch ermutigt, dass auszudrücken, was sie bewegt und quält“. Die ermutige, das, was nicht mehr veränderbar sei, in Gottes Hände zu legen. Ebenfalls verstehe sie sich für Jugendliche als Hilfe zur Entwicklung der Lebensfreude und des Selbstbewusstseins für jene, die sich zurechtfinden müssten in einer immer unübersichtlicher werdenden Welt. Es gelte auch, etwa Senioren, deren Partner verstorben seien, zu stärken in der Öffnung gegenüber Neuem.

Die Synodalen tauschten sich in kleinen Arbeitsgruppen über das Thema Seelsorge aus.

„Seelsorge ist Krisenintervention“
„Seelsorge ist Krisenintervention“, betonte der Psychologe. Seelsorgende seien gefordert zuzuhören, da zu sein für Betroffene. Zu den Grundhaltungen zählt Jabs Offenheit, Aufmerksamkeit für die persönliche Situation des anderen und eine wertschätzende Haltung. Grundlegend dürften Seelsorgende keine eigenen Interessen verfolgen und Vorteile suchen, den Betroffenen nicht ausnutzen, etwa sexuell. „Seelsorge darf nie instrumentalisiert werden, auch nicht zum Zweck der Mission.“ Stets müssten Seelsorgende sich selbstkritisch ihrer eigenen seelsorgerischen Grenzen bewusst sein und entsprechend handeln. Als eine Form der Seelsorge bezeichnete der Theologe die Beauftragung Ehrenamtlicher für Seelsorge, etwa in Besuchsdiensten. In der Praxis sei auch ein Geburtstagsbesuch ein Seelsorgebesuch. Man mache dem Menschen deutlich, „du bist nicht vergessen“. Das habe heilsame Wirkung.

Kurzzeitseelsorge in alltäglichen Situationen
Die Pastoralseelsorge sei zum wichtigsten Merkmal des Pfarrberufs geworden, stellte Jabs fest. Dazu gehöre die Seelsorge in alltäglichen Situationen: nach dem Gottesdienst, beim Einkaufen, auf der Straße. In einem scheinbar zufälligen Gespräch werde „unversehens ein existenziell bedeutsames Thema angesprochen“. Eine solche Kurzzeitseelsorge entlaste den Betroffenen und lasse ihn womöglich den nächsten Schritt finden um weiterzugehen. Ein feinfühliges Beerdigungsgespräch, gefolgt von einer sehr persönlichen Beerdigungspredigt trage etwa entscheidend zur Trauerbewältigung bei. Gefragt sei die Einbindung von Lebensformen, die die Fragen der Menschen in einer sich wandelnden Gesellschaft aufnähmen. So steige der Anteil der Alleinstehenden. Aber Single sein bedeute nicht Beziehungslosigkeit. Und ältere Menschen würden sich in der Regel nicht freiwillig für ein Singleleben entscheiden. Der Verlust der Geborgenheit, eine Anwachsen der Anonymität stelle Menschen und damit Gemeinden vor immer größere Herausforderungen. Davon betroffen seien auch Kinder, würdigte Jabs die Seelsorgearbeit in Kitas. „Im liebevollen Umgang insbesondere mit ’schwierigen‘ Kindern vermitteln Erzieherinnen etwas vom Wert der Sicherheit, die Kinder brauchen.“ Seelsorge geschehe auf vielfache Weise in Krankenhäusern, in Schulen, in der Telefonseelsorge, Notfallseelsorge, in der Erziehungs- und Lebensberatung, auf Landesebene etwa in der Polizeiseelsorge. Zu einer wohlverstandenen christlichen Demut gehöre das Verständnis, dass jede Seelsorge fragmentarisch bleibe. Insbesondere sei es für Seelsorgende unabdingbar, die eigenen Grenzen wahrzunehmen und zu akzeptieren.

Gut gelaunt und bestens vorbereitet leitete Superintendent Dr. Bernhard Seiger die Synode

Zustimmung zur Verlängerung der Presbyterzeit
Eine lebhafte Diskussion rief der Beschlussvorschlag des Kreissynodalvorstandes (KSV) zur Änderung des Presbyteriumswahlgesetzes hervor. Dessen 2003 von der Landeskirche beschlossene Reform beinhalte laut Seiger als entscheidenden Baustein eine Verkürzung der Amtszeit von Presbyterinnen und Presbytern von acht auf vier Jahre. Jedoch seien die Erfahrungen damit nicht ermutigend. Nur in weniger als der Hälfte der Gemeinden finde noch eine „richtige“ Wahl statt. „Eine Reform, die ihr Ziel nicht erreicht hat, sollte korrigiert werden.“ Es sei für Presbyterien schwierig, alle vier Jahre eine ausreichend große Anzahl an Kandidaten zu finden, um eine echte Wahl ermöglichen zu können, meinte der Superintendent. Wenn jeweils eine Hälfte der Presbyter im Amt verbleibe, wären insgesamt im Wahljahr deutlich weniger Kandidaten zu finden. Der KSV möchte seinen Vorschlag der Wahl auf acht Jahre als Impuls verstanden wissen, so Seiger. Wenn man diesen jetzt auf den Weg bringe, könne bereits die Landessynode 2014 die Eröffnung eines Beratungsprozesses in den Ständigen Ausschüssen der EKiR beschließen. Aus dem Synodalenkreis wurde unter anderem angemerkt, dass es womöglich noch schwieriger sei, Ehrenamtliche statt für vier, für acht Jahre zu gewinnen. Schließlich beschloss die Kreissynode bei zwölf Gegenstimmen und sechs Enthaltungen mehrheitlich den Antrag an die Landessynode, „die Amtszeit für Presbyterinnen und Presbyter ab der Presbyterwahl 2016 wieder auf acht Jahre zu erhöhen. Für die erste Wahl wird per Los bestimmt, welche der Gewählten für vier und welche für acht Jahre amtieren“. Zusätzlich, von Synodalen angestoßen, formulierte die Synode die Anregung, „eine Befragung unter Presbyterinnen und Presbytern zu starten zur Motivation für das Presbyteramt und zur Dauer der Amtszeit“.

Beschlossen: Einrichtung eines Synodalen Jugendausschusses
Ein reger Austausch fand ebenfalls statt über den Beschlussvorschlag, einen Synodalen Jugendausschuss (SJA) einzurichten. „Der Synodale Jugendausschuss ist kein Fachausschuss, sondern vorbereitendes, unterstützendes Planungs- und Beratungsgremium für den Kreissynodalvorstand und die Kreissynode“, erläuterte Synodalassessor Rüdiger Penczek. Der SJA sei neben dem Superintendenten das dienstliche Gegenüber des Jugendreferenten. Ferner werde der KSV vom Beratungsbedarf entlastet und die Verantwortung des Vorsitzenden auf weitere Schultern verteilt. Der Ordnung habe man sehr bewusst eine Präambel beigegeben, in der man die Orientierung der Evangelischen Jugend in ihrem Denken und Handeln an Jesus Christus betone, so Penczek. Die Errichtung des SJA wurde mehrheitlich bei sieben Enthaltungen beschlossen. Ihm sollen zwei KSV-Mitglieder angehören, ein Mitglied der Kreissynode, der Kreisjugendreferent, zwei Jugendmitarbeitende aus den Kirchenkreis-Gemeinden, zwei ehrenamtliche, möglichst in der JugendAG engagierte Mitarbeitende unter 27 Jahren, und ein(e) Vertreter/in des Jugendpfarramtes. Im späteren Verlauf der Synode wurde vor dem Hintergrund der Konstituierung des SJA einstimmig beschlossen, die Synodalbeauftragung für Jugendarbeit aufzuheben.

Abgelehnt: Keine gemeinsame Kirchenkreisverwaltung
Nach dem Bericht Seigers zur Verwaltungsstrukturreform im Bereich des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region ist klar: eine einheitliche Lösung mit der Beibehaltung der organisatorischen Trennung der Ebenen Gemeinde- und Kirchenkreisverwaltung wird es nicht geben. Der Hintergrund: Auf Grundlage des 2013 von der EKiR-Landessynode erlassenen Verwaltungsstrukturgesetzes müssen bis Ende Juni 2015 „alle kirchlichen Körperschaften (…) die notwendigen Umsetzungsbeschlüsse für ihren Bereich gefasst haben“. Der Superintendent sprach von sehr konstruktiven Gesprächen im Rahmen der angedachten Zusammenlegung der Verwaltungen der Kirchenkreise Köln-Mitte und Köln-Rechtsrheinisch und Köln-Süd. Jedoch sei diese Zusammenlegung nicht mehr umsetzbar nach dem Votum der Kreissynode Köln-Rechtsrheinisch vom Vorabend, auf eine gemeinsame Superintendentur zu verzichten. „Dieses Pferd ist zu Tode geritten“. Denn die Kirchenkreise Köln-Süd und Köln-Mitte allein erreichten nicht die zur Qualitätssicherung vorgeschriebene Personalstärke. Schließlich einigte man sich auf eine Vertagung des Themas auf die Herbstsynode, so dass Zeit für Gespräche mit den Nachbarkirchenkreisen und dem eigenen Vorstand bestehe.

Erstellung einer gemeinsamer Personalplanung
Abgegeben wurde ebenso ein Zwischenbericht zur von der Landessynode 2012 beschlossenen Erstellung eines Rahmenkonzepts für eine gemeinsame Personalplanung. Danach sind Kirchenkreise verpflichtet, „verbindliche Verabredungen über die abgestimmte Personalplanung in Kirchengemeinden und im Kirchenkreis für die Mitarbeitenden herbeizuführen“. Bis Herbst 2013 will der KSV Leitlinien eines Rahmenkonzeptes erarbeiten. Anschließend haben die Presbyterien bis Februar 2014 Zeit auf den Entwurf zu reagieren. Die Erarbeitung geschieht auf Grundlage des Votums einer im Mai mit Delegierten aus den 17 Kirchengemeinden und einzelnen Berufsgruppen stattgefundenen Informationsveranstaltung. Auf dieser sprach sich eine große Mehrheit der Teilnehmenden für das Modell 4 „Mischformen“ aus. Dabei „werden einige Arbeitsfelder auf die Ebene der Kirchenkreise übertragen und gleichzeitig für andere Arbeitsfelder regionale Arbeitsgruppen gebildet. Ebenfalls ist eine Zusammenarbeit zwischen Kirchengemeinden für einzelne Fachgebiete ohne regionalen Bezug möglich.“

Weitere Beschlüsse:
Bei zwei Gegenstimmen und neun Enthaltungen hat die Synode mehrheitlich beschlossen, zwecks Anpassung an den landeskirchlichen Sprachgebrauch die Synodalbeauftragung „Kirchlicher Unterricht“ in Synodalbeauftragung für „Konfirmandenarbeit“ umzubenennen. Da in der EKiR seit Jahren keine Lektorenausbildung mehr stattfindet, hat die Synode bei einer Enthaltung beschlossen, die Synodalbeauftragung für Lektoren aufzuheben. Es wurde darauf hingewiesen, dass an einer Lektorenschulung Interessierte sich an Landespfarrer Holger Evang vom Theologischen Zentrum Wuppertal wenden können. Bei zwei Enthaltungen hat die Synode beschlossen, die Synodalbeauftragung für Sektenfragen aufzuheben.

Text: Engelbert Broich
Foto(s): Engelbert Broich