Kirche2go fragt: Ist Karneval protestantisch?

Im Allgemeinen gilt Karneval als katholisches Brauchtum. Hans Mörtter, Pfarrer aus Köln, hat dazu jedoch seine ganz spezielle Meinung. Denn das dem nicht so ohne weiteres  ist, beweist der Protestantismus seit der Zeit Martin Luthers.  „Karneval ist Protest gegen die Obrigkeit“, so Mörtter „daher ein typisches, protestantisches Phänomen“. Er beschreibt den Karneval, wie er ist, eben vor und nach den Einschränkungen der Corona-Pandemie. Wieso Mörtter weiß, dass Karneval ganz eindeutig auch protestantische Tradition hat, beweist er diesmal in einer ganz besonderen Ausgabe von Kirche2go – ist Karneval protestantisch?

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Der ganze Text zum Nachlesen:

Ich werde immer wieder gefragt: können Protestanten Karneval? Da sage ich: guckt mich doch an, na klar. Wir können sagen, der Karneval ist protestantisch! Da kommt natürlich von der katholischen Seite der Protest: auf gar keinen Fall können Protestanten Karneval, der ist urkatholisch. Nein – Schwachsinn, denn wenn man in der Geschichte zurückgeht, dann ist es ja so, dass der Karneval der Protest der Armen gegen die Obrigkeit war. Man hat z. B. die urarmen Mönchen genommen oder einen Obdachlosen, in kardinalsähnliche Fetzen gehüllt, dann auf einen Esel gesetzt, so zur Demütigung eigentlich, als Persiflage des Kardinals. Das fanden die Kardinäle eigentlich damals gar nicht lustig, dass die Leute über sie lachten.

So ging das dann von der Obrigkeit aus, dass sie dachten, wir müssen den Karneval unter Kontrolle bringen, damit der nicht ausufert, so der Sex und das alles – ne, das ist ja alles ganz bah… Und so wurde der Karneval mit der Zeit in die Katholische Kirche hinein assimiliert, sodass sie da drüber guckte, mit lächelten, mitmachten, aber schon immer mehr Kontrolle ausübte, damit das eben braver wurde. Das Anarchische des Karnevals brach dann weg. Bis dann im Dritten Reich natürlich der Karneval dann auch missbraucht wurde und z. B. die Nubbeltradition von den Nazis hervorgeholt wurde. Der Bezug zu den brennenden Nubbeln und denen die dann brannten, der war eindeutig. Ich bin auch Nubbelredner und deswegen sage ich: Der Nubbel ist ein rebellisches Virus, das ist nicht der Sündenbock. Da müssen wir höllisch aufpassen, nicht wieder in die Sündenbockfalle reinzugehen.

Der Karneval hat eine protestantische Dimension, als Kritik an der Obrigkeit oder als Kritik an der Zeit, einer Gesellschaft, eines Geschehens und das Einfordern von Menschlichkeit, von Mitmenschlichkeit von Brüderlichkeit und Geschwisterlichkeit feiern wir dann, wenn wir im Gottesdienst dann Föttchen tanzen. Statt dem Friedensgruß gibts dann bei uns Stippeföttchen: also aufstehen und gucken, wo der nächste leckere Hintern ist und dann „tüp tüp tüp tüp“… und dann als Steigerung darauf ein lecker Bützchen – ist ja völlig klar. Und ganz viel Schunkeln, also anfassen, sich berühren, tanzen, lachen, glücklich sein oder auch ganz fies und fett auch schimpfen auf das, was schiefläuft.

Also von daher kann man gut sagen: Karneval ist eigentlich protestantisch!

Text: APK
Foto(s): APK

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