Große Mehrheit für Gründung einer Kasualagentur – Nachrichten von der Verbandsvertretung des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region im Sommer 2023

Das Thema Familie und die Evangelische Familienbildungsstätte standen im Mittelpunkt des Gottesdienstes, mit dem die Frühjahrstagung der Verbandsvertretung des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region am Samstagmorgen in der Kartäuserkirche begonnen hatte. Die Liturgie des Gottesdienstes leiteten Christina Schlarp, Sybille Noack-Mündermann und Torsten Krall. Darüber hinaus waren Mitarbeitende der Familienbildungsstätte beteiligt. Sie berichteten aus dem Alltag der Bildungseinrichtung und schilderten Lebensläufe von Menschen, die teils seit Jahrzehnten mit der Institution am Kartäuserwall verbunden sind.

Superintendent Torsten Krall

Der Dünnwalder Pfarrer Torsten Krall, Superintendent des Kirchenkreises Köln-Rechtsrheinisch, predigte zum Thema Familie. „Wenn man Konfis fragt, was wichtig ist in ihrem Leben, steht die Familie immer ganz oben. Ich habe eine Familie mit zwei Kindern“, erzählte Krall und benannte die Sehnsüchte, die eine Familie erfüllen solle. Sicherheit in unruhigen Zeiten, Verlässlichkeit, Aufmerksamkeit und bedingungslose Liebe. „Bisschen viel, oder?“, stellte er fest. In der Bibel finde man keine uneingeschränkte Unterstützung der Familie durch Jesus. „Wer kann mir Sicherheit geben? Wem kann ich Sicherheit geben?“ Gottes Wille sei, dass die Menschen Verbindungen schaffen, die tragen. Und die, die verbunden sind, seien dann selbstverständlich auch Familie.

Nach dem Gottesdienst, der von Südstadt-Kantor Thomas Frerichs mit mitreißendem Elan am Klavier begleitet wurde, begrüßte Stadtsuperintendent Bernhard Seiger die Vertreterinnen und Vertreter der Verbandsvertretung im Haus der Evangelischen Kirche. Er kommentierte zunächst das vorläufige Ergebnis der Diakoniespende, die 2022/2023 der Überlebensstation Gulliver am Hauptbahnhof zugedacht ist. 150.000 Euro seien an Spenden eingegangen, mit der Aufstockung des Betrages durch den Kirchenverband erhöhe sich die Summe auf eine Viertelmillion Euro. „Wir bewegen da eine Menge Geld. Wir unterstützen damit obdachlose lebende Menschen in unserer Stadt. Und das ist gut so“, sagte der Stadtsuperintendent.

100 Jahre Diakonisches Werk Köln und Region

1924 nahm man im damaligen CVJM-Haus an der Antoniterstraße in Köln die diakonische Arbeit auf. Damals als Durchwanderer- und Gefährdetenfürsorge. Die hundertjährige Geschichte nimmt das Diakonische Werk Köln und Region gGmbH zum Anlass für ein umfangreiches Jubiläumsprogramm. Das Geschäftsführer-Team der gGmbH, Martina Schönhals und Jörg Zeyßig, hielten einen Rückblick auf die Geschichte des „DW“ und stellten erste Ideen für das 100-jährige Jubiläum im kommenden Jahr vor.

Martina Schönhals und Jörg Zeyßig stellten den Bericht des Diakonischen Werkes Köln und Region vor

„Ich wünsche mir, dass an jedem Kirchturm eine Diakonie-Fahne hängt“, sagte Schönhals. Liegestühle mit dem Motto des Diakoniejubiläums wurden produziert und werden bei Gemeindefesten auf Wiesen und Plätzen stehen. „#einefüralle“ hat das Team des DW als Motto für das Jubiläum erkoren. „Eine Diakonie für alle, für die Kirche, für die Welt, für die Gesellschaft“, fuhr Schönhals fort.

Vor allem mit den Gemeinden will sich das Diakonische Werk noch besser vernetzen. Deshalb wurde eine Projektstelle für „Gemeindenahe Diakonie“ eingerichtet. Die Feierlichkeiten werden ihren Höhepunkt mit einem großen Empfang am 6. September kommenden Jahres im Haus der Evangelischen Kirche erreichen. „Wir sind für neue Idee offen“, schloss Schönhals. Jörg Zeyßig warf einen Blick auf die Zahlen. Als die gGmbH 2020 gegründet wurde, habe man 290 Mitarbeitende beschäftigt.

Die Zahl steige bis Mitte 2023 auf 700 an. Grund sei unter anderem die Gründung der Tochtergesellschaft Diakonie Kitas Köln und Region. Sie werde die Verwaltung der zehn Kitas der Diakonie und 13 Kitas im Kirchenkreis Köln-Nord übernehmen. Das Diakonische Werk Köln und Region werde weiter wachsen. Stadtsuperintendent Bernhard Seiger lobte die Entwicklung. „Es war damals ein großer Sprung vom Diakonischen Werk zur gGmbH. Wir hatten die Hoffnung, die gGmbH würde dynamischer werden, stärker unternehmerisch und weniger vom kirchlichen Zuschussgeber abhängig sein. Die gGmbH ist einen guten Weg gegangen.“

Lothar Ebert, Vorsitzender des Finanzausschusses des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region

Jahresabschluss 2022

Lothar Ebert, Vorsitzender des Finanzausschusses des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region, stellte des Jahresabschluss für 2022 vor. Der Abschluss zum 31.12. 2022 wird mit einer Bilanzsummer von 118.265.706 Euro und einem Bilanzergebnis in der Ergebnisrechnung in Höhe von 7.501.129 Euro aufgestellt. Dem schlossen sich die Delegierten an. Der Abschluss wird nun im landeskirchlichen Rechnungsprüfungsamt unter die Lupe genommen und soll auf der Herbsttagung der Verbandsvertretung rechtsgültig beschlossen werden. Der Verband hat im vergangenen Jahr ein Netto-Kirchensteueraufkommen in Höhe von 93.213.486 Euro erzielt. Nach Abzug der landeskirchlichen Umlagen und dem 20-Prozent-Verbandsblock verblieb eine Zuweisungssumme an die Gemeinden in Höhe von 42.071.897 Euro. Das entspricht einer pro-Kopf-Zuweisung von 160 Euro.

Campus Kartause

Der Campus Kartause, das Bildungs-Bauprojekt des Kirchenverbandes, nimmt immer mehr Fahrt auf. Stadtsuperintendent Bernhard Seiger stellte den aktuellen Stand vor. „Der Rat hat dem Satzungsbeschluss für die Veränderung des Bebauungsplans am 9. Februar einstimmig zugestimmt. Damit ist das städteplanerische Verfahren abgeschlossen.“ Politik und Verwaltung hätten mit großem Wohlwollen registriert, dass bei diesem Bauprojekt nicht der Profit-Maximierung Priorität eingeräumt worden sei. Bernhard Seiger rechnet mit einer Baugenehmigung der Stadt im Herbst, denn der geänderte Bebauungsplan, den das Büro Kaspar Kraemer gemeinsam mit dem Büro Dewey Muller erarbeitet habe, sei bereits so präzise gewesen, dass er fast einem Bauantrag gleichkomme.

Stadtsuperintendent Bernhard Seiger erläutert die Entwicklungen des Campus Kartause

Wenn die Verbandsvertretung in der November-Sitzung einen Baubeschluss fasse, könnten Anfang 2024 die Arbeiten beginnen, so der Stadtsuperintendent weiter. Im Moment sei man auf der Suche nach einem Generalunternehmer, der die Verantwortung für alle Gewerke in einer Hand bündele. Es gibt bereits ein sogenanntes Raumbuch, das für die einzelnen Räume zum Beispiel präzise vorschreibe, wo wie viele Steckdosen einzurichten sind. „Die interessierten Generalunternehmer brauchen mehr Zeit, als wir gedacht haben“, erklärte Bernhard Seiger. Das liege daran, dass der Neubau in zwei Bauabschnitten in vier Jahren errichtet werden solle: „Das heißt, alle Gewerke müssen für jeden Abschnitt einzeln kalkuliert werden. Und wer kann jetzt sagen, wie teuer ein Handwerker im Jahr 2027 ist?“ Im Bausektor hätten derzeit viele Unternehmen Kapazitäten, weil Bauherren Projekte wegen der hohen Bauzinsen verschöben.

Fabian Kieven, Mitarbeiter im Büro Kaspar Kraemer, das für den Entwurf des Campus Kartause verantwortlich zeichnet, stellte die Begrünung des Neubauprojekts in den Mittelpunkt seiner Ausführungen. „Die Dachflächen werden intensiv und extensiv begrünt.“ Was die Begrünung des Hofes angehe, müssen man Vorschriften einhalten, wie zum Beispiel Flächen für Feuerwehrfahrzeuge. Bemerkenswert ist aus Kievens Sicht, dass 30 Bäume neu gepflanzt werden. „Viel mehr, als gefällt werden. Und die Neuanpflanzung wird hochwertiger sein als der Bestand, weil die Bäume mit dem Klimawand zurechtkommen.

Auf den Dächern wird es Photovoltaik geben. Die „sehr abgespeckte Gebäudetechnik“ mit Kühlung und Belüftung wird im Keller untergebracht. Der Clou: Durch die Rohre der Fußbodenheizung wird im Sommer kaltes Wasser gepumpt, um die Räume abzukühlen. „Den Schwung von heute nehmen wir mit in die Novembersitzung“, sagte Superintendent Markus Zimmermann, der den Punkt der Tagesordnung leitete: „Dann geht’s ans Eingemachte.“ Dann sollen nämlich belastbare Zahlen der Generalunternehmer vorliegen, was die Baukosten angeht.

Kasualagentur für Köln und Region

Mit großer Mehrheit stimmte die Delegierten der Gemeinden der Einrichtung einer so genannten Kasualagentur zu. Damit möchten die Verbandsvertretung den rückläufigen Zahlen von Taufen, Trauungen und Bestattungen unter dem Dach der evangelischen Kirche entgegentreten. „Wir machen das gut. Aber diese Kasualien werden immer weniger nachgefragt. Wir müssen was tun“, sagte Superintendent Torsten Krall. Der Verbandsvorstand hatte im Herbst 2022 eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die ein Konzept erarbeitet hat. Dieses war Grundlage der Beschlussvorlage für die Kasualagentur, die den Arbeitstitel ‚Segensbüro‘ trägt.

Pfarrer Gerd Maeggi und Pfarrerin Caroline Schnabel

Pfarrer Gerd Maeggi und Pfarrerin Caroline Schnabel waren Mitglieder der Gruppe und stellten die Idee vor. „Wir stehen als Evangelische Kirche vor der Herausforderung, uns in unseren Ausdrucksformen und in unserer Ansprechbarkeit zu wandeln. Es ist unsere Aufgabe, uns als ecclesia semper reformanda auf diesen Weg zu machen. Eine auf diesem Weg entstehende neue Facette von Kirche könnte das ,Segensbüro‘ sein“, erklärte Maeggi zu Beginn. „Das Tauffest bildete den Anfang“, erinnerte Schnabel an die Großveranstaltung im vergangenen Sommer im Rheinpark. „Da haben wir viele Menschen erreicht, die wir sonst nie erreicht hätten. Auch Menschen, die mit uns nichts zu tun haben, obwohl sie Mitglied unserer Kirche sind. Die Zahl der Menschen, die unsere Kasualien nicht in Anspruch nehmen, sinkt stärker als die Zahl der Kirchenmitglieder.“

Die Mitarbeitenden in dem Büro sollen beispielsweise große Veranstaltungen wie Tauffeste oder auch Auftritte auf Hochzeitsmessen organisieren. Daneben sollen sie neue Formate rund um die Kasualien entwickeln und als Servicestelle für interessierte Menschen erreichbar sein. Im Rahmen ihrer Servicetätigkeit sollen sie zum Beispiel Brautpaare an die richtige Gemeinde weiterleiten, Kontakte zu Pfarrerinnen und Pfarrern vermitteln oder bei Personalknappheit in Gemeinden auch Verbandspfarrerinnen und Verbandspfarrer für Kasualien vermitteln. Daneben soll u.a. mit digitaler Werbung auf die Angebote im Bereich der Evangelischen Kirche in Köln und Region aufmerksam gemacht werden. Nach einer ausführlichen Aussprache über das Konzept stimmte die Verbandsvertretung gegen eine Vertagung der Entscheidung und für die Errichtung. Die Kosten für diese Servicestelle werden die Gemeinden tragen. Diese werden in den Haushalt des Kirchenverbandes aufgenommen.

Evangelischer Kirchenverband Köln und Region

Die Verbandsvertretung ist das Leitungsorgan des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region mit seinen 54 Gemeinden und rund 250.000 Gemeindegliedern im Rhein-Erft-Kreis, in Köln, im Rheinisch-Bergischen Kreis und im Oberbergischen Kreis in den vier Kölner Kirchenkreisen. Zu den Aufgaben der Delegierten gehören beispielsweise der Beschluss des Haushalts und die Wahl des Stadtsuperintendenten. Die Verbandsvertretung tagt zweimal im Jahr und wird von Stadtsuperintendent Bernhard Seiger geleitet.

Text: Stefan Rahmann
Foto(s): Stefan Rahmann / APK

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