Die Kraft der Hoffnung – Ökumenisches Gedenken an die Flut
Vor einem Jahr gingen die Bilder aus Blessem um die Welt: der riesige Krater, die Häuser an der Abbruchkante – sie wurden zum Sinnbild der Flutkatastrophe an Ahr, Erft, Rhein und Sieg. Mehr als 180 Menschen verloren in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz ihr Leben, tausende ihre Existenz. Am 14. und 15. Juli jährt sich die Katastrophe zum ersten Mal. In betroffenen Städten laden die Kirchen zu ökumenischen Gottesdiensten und Andachten ein – und vor allem zur Begegnung. Dabei soll es nicht nur um das Gedenken an die Opfer und das Erlebte gehen, sondern auch um die Kraft von Hoffnung und Solidarität.
Gedenkandacht in Rösrath
Am Donnerstag, 14. Juli, laden die evangelische und die katholische Kirche in Rösrath zu einer Gedenkandacht in die evangelische Versöhnungskirche ein (Hauptstraße 16). Beginn ist um 19 Uhr.
Zuvor nehmen die beiden Geistlichen, Pfarrer Thomas Rusch von der Evangelischen Gemeinde Volberg – Forsbach – Rösrath und Pastor Franz Gerards von der katholischen Kirchengemeinde St. Nikolaus, bereits an einer Gedenkstunde teil, die um 17.30 Uhr auf dem Rathausplatz in Hoffnungsthal beginnt. Hier werden sie neben Bürgermeisterin Bondina Schulze sprechen. Vor allem sollen aber Betroffene und Helfer zu Wort kommen. Organisiert wird die Gedenkstunde von der Netzwerkinitiative „Engagierte Stadt Rösrath“. „Die Nacht vom 14. auf den 15. Juli 2021 werden viele nicht vergessen – ebenso wenig wie die riesige Hilfsbereitschaft und Solidarität aus der Bevölkerung. Lasst uns gemeinsam daran denken“, heißt es in der Einladung.
Bis heute ist der Hilfebedarf groß in Rösrath. „Ich habe das Gefühl, dass manche quasi noch im Schlamm sitzen und gar nicht wissen, wo sie Hilfe bekommen“, sagt Andrea Schnackertz, die als Mitarbeiterin der mobilen Hochwasserhilfe der Diakonie Köln in der betroffenen Region unterwegs ist Sie wird an diesem Tag mit ihrem Infostand unterwegs sein und den Menschen so auch zeigen, dass sie nicht allein sind, sondern dasss es Hilfsmöglichkeiten gibt.
Gottesdienst in Blessem
Am Freitag, 15. Juli, wird um 17 Uhr ein ökumenischer Gottesdienst in der katholischen St.-Michael-Kirche in Blessem gefeiert (Klarastraße/Klaus-Schäfer-Straße). Dazu laden ein: die Evangelische Kirchengemeinde Lechenich, die Evangelische Friedenskirchengemeinde in Erftstadt, die Pfarreiengemeinschaft-Erftstadt-Ville und der Katholische Seelsorgebereich Rotbach-Erftaue. Mit dabei sind die Pfarrerinnen und Pfarrer Friederike Schädlich, Andrea Döhrer, Liviu Balascuti und Pastor Hans-Peter Kippels. Es singt der Chor „Neue Wege“ aus dem Seelsorgebereich Rotbach Erftaue unter Leitung von Johannes Speckamp.
Bereits am Vormittag werden in Erftstadt um 11 Uhr die Glocken aller Kirchen läuten. Die Stadt und die Kirchen laden damit zu einer Schweigeminute und zum Gedenken ein.
Angst bei jedem Regen
Die Folgen der Flut sind noch immer sicht- und spürbar. Noch immer gibt es Menschen, die nicht wissen, ob ihr Zuhause doch noch abgerissen werden muss. Materialmangel und steigende Preise im Handwerk verzögern vielerorts den Wiederaufbau.
Dazu kommen vor allem die seelischen Folgen. Und die Angst bei jedem neuen starken Regen. Die traumatischen Erinnerungen, wenn – wie kürzlich – Starkregen wieder Keller volllaufen lässt in Erftstadt.
Dankbarkeit für die Gemeinschaft
In den Gedenkgottesdiensten geht es aber nicht nur um die Erinnerungen und Traumata. „Wir wollen auch inne halten“, sagt Pfarrerin Friederike Schädlich aus Lechenich, die zum Koordinationsteam für das Gedenken in Blessem gehört. „Wir wollen auch danken, für das, was den Menschen Halt und Kraft gibt und vor allem für die erlebte Hilfe und Solidarität“, so Schädlich. Viele Menschen seien immer noch überwältigt von der Hilfsbereitschaft, die sie erlebt haben. Das bestätigt auch Andrea Schnackertz: „Dass da auf einmal ,wildfremde‘ Menschen kamen und mit angepackt haben, hat viele Menschen sehr bewegt.“
Doch nicht nur die Hilfe von außen – ob in der konkreten Arbeit vor Ort oder durch Spenden – erfüllt die Menschen bis heute mit Dankbarkeit. Auch das Miteinander hat sich verändert, erzählt Schädlich: „Erftstadt ist ja im Grunde eine Ansammlung von Dörfern. Der Zusammenhalt zwischen diesen Orten ist stark gewachsen.“
Auch darum wird es gehen in den Gedenkgottesdiensten. Und um den Blick nach vorne: „Wie geht es weiter? Was gibt uns Halt? Wer hält mich? Wer gibt mir Kraft?“ nennt Pfarrerin Friederike Schädlich Beispiele.
Text: Hildegard Mathies
Foto(s): Friederike Schädlich
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