„Das geht mir unter die Haut“: Christian Schmidt diskutiert mit Studierenden über „Tattoos als Glaubenszeugnisse“

Man tritt Christian Schmidt sicher nicht zu nahe, wenn man ihn einen ungewöhnlichen Menschen nennt. „Ich lebe aus dem Kraftfeld Kunst, Tanz, Performance und Christentum“, sagt er über sich. „Leibhaftig Leben ist Lebenskunst. Leib ist Leben. Leibkunst“, heißt es auf einer Karte, die ihn unbekleidet zeigt und auf der er in Yoga-Pose ein Kreuz darstellt. Christian Schmidt war jüngst zu Gast in der Evangelischen Studierendengemeinde (ESG) bei der Eröffnung seiner Ausstellung „Glauben mit Leib und Seele“.

Er ist Mitglied der Evangelischen Michaelsbruderschaft, die seit 1931 Brüder aus verschiedenen Konfessionskirchen zusammenführt. An diesem Abend diskutierte er mit Studierenden über „Tattoos als Glaubenszeugnisse“. Schmidt trägt ein Christus-Symbol als Tattoo, das auf drei Fotos in der Ausstellung gezeigt wurde. Einmal ist es mit Öl gesalbt, einmal mit Wasser bespritzt und einmal mit Asche eingerieben. Das symbolisiere die heilende Kraft Gottes, erklärte der Künstler.

Christiane Neufang und Jörg Heimbach, Pfarrerin und Pfarrer der ESG, begrüßten den Künstler und die anderen Gäste. Heimbach erinnerte sich an seine Zeit als Religionslehrer am Berufskolleg Frechen. In einer Visagistinnen-Klasse hatte er eine Stunde zum Thema „Tattoos“ angesetzt. „Die jungen Frauen haben sofort begonnen, sehr intim von ihren Tattoos zu erzählen. Das war unglaublich berührend.“

Das Tattoo: „Eine nicht abwaschbare Verbindung zu Gott“

Schmidt ist im Hauptberuf IT-Ingenieur. Er hatte das Gefühl, dass ihm die Religion irgendwann „zu Kopf“ gestiegen war. „Wenn man mit allen Sinnen glaubt, erreicht man Dimensionen, die wir intellektuell nicht erreichen.“ Das größte Sinnesorgan sei die Haut. Die meisten Aufnahmen von Schmidt in der Ausstellung zeigen ihn unbekleidet. „Die Taufe ist auf Dauer angelegt. Sie ist eine nicht abwaschbare Verbindung zu Gott“, fuhr Schmidt fort. Das sei bei dem Christus-Monogramm, das er als Tattoo trage, sehr ähnlich. Er erinnerte an Sätze wie „Mit Haut und Haaren verschrieben“ und „Das geht mir unter die Haut“.

Tattoos erfüllen Tagebuchfunktionen

Eine Studentin erklärte, Glaube habe viel mit Zweifeln zu tun. „Mit Tattoos schließt man Zweifel aus.“ Ein weiterer Student meinte, Tattoos dienten in erster Linie der Abgrenzung. Es werde viel verglichen. Nicht jeder müsse die Bedeutung des Tattoos verstehen, das er sich stechen lasse. Außerdem spiele Ästhetik eine große Rolle. Manche machten sich große Gedanken über die Motive, ergänzte eine junge Frau aus der Gesprächsrunde: „Manche entscheiden sich aber spontan für ein Motiv und lassen es sich sofort stechen.“ Andere wiederum fühlten sich in ihrer Haut nicht wohl und wollten von sich ablenken: „Da soll das Gegenüber nicht ins Gesicht schauen, sondern auf den tätowierten Arm.“ Es gehe auch um Selbstwirksamkeit. „Für meinen Körper kann ich ja nichts. Aber über ein Tattoo kann ich selbst und frei entscheiden.“

Es gebe, so eine Studentin, auch das Unbehagen, dass man dem Körper nicht ansehe, was er erlebt habe. Da könnten Tattoos Tagebuchfunktionen erfüllen. Sozusagen „gestochene Geschichte“. Wie bei den Maoris. Die erzählten dem Tätowierer zuerst ihre Lebensgeschichte. Dann werde tätowiert und in den Gemeinschaft aufgenommen. „Alle Linien haben eine Bedeutung und werden von jedem verstanden“, erzählte eine Studentin, die jüngst eine Arbeit zu dem Thema geschrieben hat.

Schmidt erinnerte an auch Straftätowierungen. Und: Tattoos hätten lange ein schlechtes Image gehabt. „Tattoos trugen Häftlinge, Schausteller und Seeleute. Das war alles ganz weit weg von der bürgerlichen Welt.“ Nun seien Tattoos bei den Jüngeren selbstverständlich.

Text: Stefan Rahmann
Foto(s): Stefan Rahmann

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