Bündnis von freien Wohlfahrtsträgern demonstrierte gegen geplante Kürzungen von Zuschüssen
Mit aufblasbaren Rettungsringen, Fahnen und Plakaten protestierten rund 150 Mitarbeitende von Diakonie, Kölner Flüchtlingsrat, Agisra, Rom e.V. und der Caritas Köln gegen die Kürzungspläne der Stadt in der Geflüchtetenhilfe. Alle fünf Träger beraten seit vielen Jahren geflüchtete Menschen und werden durch kommunale Mittel gefördert. Seit gestern Vormittag steht mit der Bekanntgabe des Haushaltsplanentwurfes für den Doppelhaushalt 2025/26 fest, welche Bereiche ihrer Arbeit weiter finanziert werden und welche ganz oder anteilig wegfallen sollen.
Um 15 Prozent oder 65.000 Euro gekürzt werden soll die Finanzierung der Flüchtlingsberatung der Sozialen Träger für das Jahr 2026; statt knapp 435.000 Euro stehen dann noch knapp 370.000 zur Verfügung. Für das Jahr 2025 bleiben die Mittel unverändert. Das seit 2017 bestehende Bleiberechtsprogramm dagegen wird in den kommenden beiden Jahren fortgeführt. „Die Verwaltung hat 2019 dokumentiert, dass wir dem städtischen Haushalt dadurch 430.000 Euro Ausgaben in einem Jahr erspart haben“, schildert für Ossi Helling vom Rom e.V. Mit dem Programm wird langzeitgeduldeten Menschen, die teils seit mehr als zehn Jahren in Flüchtlingsunterkünften leben, geholfen, einen gesicherten Aufenthaltsstatus zu bekommen. „Nur dann haben sie eine Chance, eine Arbeit und eine Wohnung zu finden“, so Helling. Bei Kosten von 750.000 Euro seien der Stadt Ausgaben von 1,17 Millionen Euro, etwa für Asylbewerberleistungen, weggefallen und weitere Folgekosten erspart worden.
Programm „Brückenbauer“
Erhalten bleibt auch das Programm „Brückenbauer“, mit dem der Flüchtlingsrat an Schulen Projekte zu Migration und Menschenrechten anbietet und Lehrkräfte etwa im Umgang mit traumatisierten Jugendlichen schult. In den kommenden beiden Jahren sind dafür jeweils gut 48.000 Euro eingestellt. Auch das Patenprojekt der Freiwilligenagentur wird im kommenden Jahr weiterfinanziert; dafür stehen 2025 gut 100.000 Euro zur Verfügung.
Ehrenamtskoordinatoren
Bereits für 2025 und auch für 2026 komplett gestrichen werden die Mittel für die Ehrenamtskoordinatoren der Sozialen Träger in den neun Bezirken. Mit jeweils einer halben Stelle unterstützen sie Ehrenamtliche, die sich in der Geflüchteten-Hilfe engagieren mit ihren Fachkenntnissen. Hier fällt die Finanzierung für 4,5 Stellen weg. Das Forum für Willkommenskultur des Flüchtlingsrates, das Ehrenamtliche schult, bekommt ebenfalls kein Geld mehr für seine 1,5 Stellen. „Das ist völlig unverständlich, denn Ehrenamtliche nehmen den Ämtern sehr viel Arbeit ab. Aber sie sind auf Ansprechpartner in Sachen Verwaltungsabläufe, Informationen und Zugängen zu Netzwerken angewiesen“, kritisiert Annette de Fallois von der Diakonie Köln. „Ehrenamtliche helfen dabei, dass alle Papiere für Ämtergänge vorliegen oder unterstützen geflüchtete Menschen dabei, einen Kitaplatz zu finden, damit sie arbeiten können.“
Flüchtlingszentrum Fliehkraft
Komplett gestrichen werden sollen auch die Mittel für das Flüchtlingszentrum Fliehkraft in Nippes. „Für 2025 sind noch 88.000 Euro eingestellt. Für 2026 steht dort nur noch eine Null“, so Claus-Ulrich Prölß. Mit großer Sorge sehen die Träger auch auf die mittelfristige Finanzplanung für die kommenden fünf Jahre. Prölß: „Und wir fürchten, dass die jetzt kommunizierten Kürzungen nur der Anfang sind.“
Der am Donnerstag von Oberbürgermeisterin Henriette Reker und Kämmerin Dörte Diemert vorgelegte Haushaltsentwurf sieht Kürzungen in vielen Bereichen vor. Zwischen 93,5 und 115,1 Millionen Euro spart die Verwaltung in den kommenden Jahren – und das sei noch nicht genug, sagte Reker.
Die Fraktionen des Stadtrats stimmen in ihren ersten Reaktionen überein, dass es Konsolidierungen geben wird und muss. Die Frage ist, welche Sektoren es härter trifft. Zu den geplanten Kürzungen im Bereich Flüchtlingsberatung, Anonymer Krankenschein und Koordination der Ehrenamtsarbeit sagte Claus-Ulrich Prölß vom Kölner Flüchtlingsrat: „Wenn die Kürzungen so stehen bleiben, dann kürzt die Stadt Köln an Seele und Herz der Stadt.“
Die geplanten Kürzungen seien „katastrophal“
Stellen für Flüchtlingsberatung oder das Forum gegen Diskriminierung und Rassismus zu streichen, dem Bleiberechtsprogramm für geduldete Menschen in Köln und dem Flüchtlingszentrum Fliehkraft keine Zukunft zu geben, „das bedeutet in Zeiten mit hohen Zustimmungswerten für rassistische Parteien, den sozialen Frieden zu gefährden“. Die geplanten Kürzungen seien „katastrophal“. Er hoffe, dass „sie nicht in der geplanten Form bestehen bleiben“ und in der mittelfristigen Finanzplanung kein weiterer Kahlschlag vorgesehen sei. „Genau das ist aber zu befürchten“, so Prölß.
Ossi Helling von Rom e.V., einem der Träger des Bleiberechtsprogramms für geduldete Menschen, sagte am Rande einer Demonstration vor dem Amt für Integration und Vielfalt in der Sandkaul, dass „Köln sich mit dem Prädikat Stadt der Vielfalt“ schmücke. Daran müsse sich eine für Toleranz bekannte Metropole auch messen lassen. „Köln müsste ein Zeichen setzen und Migranten nicht auch zu einem Opfer von Missachtung machen, wie es leider vielerorts geschieht.“
Zur geplanten Streichung der Leistungen für das Bleiberechtsprogramm ab 2026 sagte Helling: „Das Programm ist überaus erfolgreich: Allein im Jahr 2023 haben 500 Menschen dadurch ein dauerhaftes Bleiberecht erhalten.“ Es entlaste es die Stadt Köln nachweislich auch finanziell. „Die Menschen finden schneller Arbeit und Wohnungen, was nur mit einer Duldung sehr schwer ist“, die Sozialsysteme würden dadurch erheblich entlastet. Zwan Karim, Leiterin der Flüchtlingsberatung der Caritas, fragte sich, „ob die Stadt Köln darüber nachgedacht hat, was es bedeutet, wenn bei der Flüchtlingsberatung gespart wird? Soll lieber verhindert werden, dass Menschen hier ankommen und sich integrieren? Ich hoffe sehr, wir bleiben sozial.“
Text: Stefan Rahmann
Foto(s): Stefan Rahmann
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