Breites Bündnis gegen Konzert von Roger Waters: Scharfe Kritik an antisemitischen Äußerungen
Mit deutlichen Worten hat sich Stadtsuperintendent Bernhard Seiger gegen das für Dienstag, 9. Mai, in der Lanxess-Arena geplante Konzert von Roger Waters ausgesprochen: „Es geht uns darum, auf den schleichenden Weg zur ,Salonfähigkeit des Antisemitismus‘ aufmerksam zu machen. Und ein Salon sind Konzertbühnen“, sagte Seiger bei einer Pressekonferenz im Vorfeld. Es spreche nichts gegen die Musik von Roger Waters. „Aber gerade weil er für viele ein Vorbild ist, muss er Verantwortung für seine Botschaften übernehmen.“ Das Gefährliche in den Anfängen des Nationalsozialismus sei das schleichende Gift der Menschenverachtung gewesen. „Das Gift hat Dinge denkbar gemacht, die Menschen mit einem ethischen Kompass nicht denken und schon gar nicht aussprechen dürfen.“
Kundgebung gegen das Konzert am Montag, 8. Mai, ab 17 Uhr auf dem Roncalliplatz
Der 79-jährige Waters, ehemaliger Sänger der legendären Rockband „Pink Floyd“, ist immer wieder durch israelfeindliche und antisemitische Äußerungen aufgefallen. Jüngst ließ er während seiner Konzerte ein Luftballon-Schwein mit einem David-Stern fliegen und in der Luft zerplatzen. Darüber hinaus ist er Unterstützer der Organisation Boycott, Divestment and Sanctions (BDS), die einen Israel-Boykott umsetzen möchte. „Ich hoffe, dass unsere Klarheit dazu beiträgt, dass Menschen sensibilisiert werden, wenn Israel- oder judenfeindliche Sätze oder Symbole eine Rolle spielen. Und dass sie dann beim Konzert pfeifen und nicht etwa applaudieren. Denn das Schweigen 1933 und 1938 war der Weg, der eine öffentliche Meinung salonfähig machte, die nur würdelos, unmenschlich und ganz und gar unchristlich ist“, schloss Seiger. Er wird einer der Redner sein bei einer Kundgebung gegen das Konzert am Montag, 8. Mai, ab 17 Uhr auf dem Roncalliplatz. Ein breites Bündnis aus Kirchen, Parteien, anderen Organisationen und Initiativen protestiert gegen den Waters-Auftritt in der Lanxess-Arena. Dort wird unter anderem auch Oberbürgermeisterin Henriette Rekers sprechen.
„Wir müssen unseren Kindern zeigen, was richtig und was falsch ist“
Der Kölner Stadtdechant Monsignore Robert Kleine erinnerte daran, dass während der Pogromnacht 1938 3000 jüdische Männer in die Frankfurter Festhalle getrieben worden waren und anschließend deportiert wurden. Nachdem die Stadt Frankfurt als Eigentümerin das Waters-Konzert in ebenjener Festhalle verboten hatte, habe Waters auf die Menschenrechte der 3000 Deportierten verwiesen, sich mit ihnen solidarisiert und sich selbst auf eine Ebene mit Sophie Scholl gestellt. „Das ist unfassbar und geschmacklos“, erklärte der Stadtdechant. Bettina Levy von der Synagogen-Gemeinde Köln sagte, dass es für die Gemeinde ein sehr wichtiges Zeichen sei, dass sich so viele Menschen in der Stadt gegen den Antisemitismus eines Musikers wendeten. „Wir lassen dem keinen Raum. Wir müssen unseren Kindern zeigen, was richtig und was falsch ist. Köln ist kein Ort für antidemokratisches Verhalten, kein Ort für Antisemitismus, Köln ist kein Ort für Roger Waters. Das Konzert ist inakzeptabel.“
Dr. Jürgen Wilhelm von der Kölnischen Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit erklärte, dass niemand unter dem Deckmantel der künstlerischen Freiheit die Menschenwürde beleidigen dürfe: „Das ist ein Skandal, den ich 2023 im Land der Täter nicht für möglich gehalten hätte.“ Er bedauerte, dass wahrscheinlich viele Konzertbesucherinnen und -besucher nichts über die politische Einstellung von Waters wüssten. Mit der Wahl des Kundgebungsdatums einen Tag vor dem Konzert wolle man die Konfrontationen zwischen Besuchern und Kundgebungsteilnehmern in Bahnhofsnähe vermeiden, erklärte Wilhelm. Claudia Wörmann-Adam erinnerte daran, dass die Verhöhnung der Juden in Verbindung mit Schweinen eine lange Tradition habe. Schweine würden den Juden als unrein gelten. An vielen Kirchen gebe es als Figur die „Judensau“. Sie verurteilte die Aktion mit dem Plastikschwein während der Rogers-Konzerte als “antisemitisch und menschenverachtend“.
Lino Hammer aus der Kölner Ratsfraktion der Grünen erinnerte an die Resolution des Rates gegen das Konzert und den offenen Brief aller demokratischen Fraktionen an die Lanxess-Arena-Geschäftsführung, das Konzert abzusagen. Das breite Bündnis mache deutlich, dass die Stadtgesellschaft solche Veranstaltungen nicht toleriere. „Das ist eine private Halle. Wir können da nicht eingreifen“, bedauerte Bernd Petelkau, Fraktionsvorsitzender der CDU im Kölner Stadtrat. „Aber die Würde des Menschen ist unantastbar. Wir müssen solche Veranstaltungen in aller Öffentlichkeit als das brandmarken, was sie sind: antisemitisch.“ Deutlich wurde auch Christian Joisten, Fraktionsvorsitzender der SPD im Rat: „Das ist ein schlechter Tag für Köln. Ich appelliere im Namen aller an die Justiz, hier genau hinzusehen. Was Herr Waters verbreitet, sind keine Geschmacklosigkeiten, das sind aus meiner Sicht klare Straftatbestände.“
Text: Stefan Rahmann
Foto(s): Andy Ebels
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