Abschied von der Dankeskirche

Ein Blick nach vorne mit Wehmut und Dankbarkeit

Lange hatte man gezögert, lange auch gekämpft und doch war die Entscheidung am Ende unvermeidlich. Die Dankeskirche in Wesseling-Urfeld wurde entwidmet. Vor zwei Jahren traf das Presbyterium den Entwidmungsbeschluss. Jetzt wurde sie außer Dienst gestellt. Der Abschied von dem kleinen Gotteshaus in der Waldsiedlung war wehmütig.

Der Blick in die Zukunft verspricht dennoch Zufriedenheit, denn es ist gelungen, die Kirche als solche zu erhalten. In Zukunft wird sie von der Adventisten-Gemeinde Bonn in Erbpacht übernommen. Die Adventisten wiederum sind eine evangelische Freikirche, die als Gastmitglied zum Arbeitskreis Christlicher Kirchen (ACK) gehört.

Die Kirche bleibt als Kirche erhalten

„Wir verabschieden uns heute von unserer Kirche, so wie wir auch schon in den vergangenen Wochen verschiedene Möglichkeiten angeboten und wahrgenommen hatten, Abschied zu nehmen”, begrüßte Pfarrer Rüdiger Penczek die zahlreichen Besucherinnen und Besucher dieses letzten Gottesdienstes.

„Wir setzen einen Punkt, aber die Kirche als solche bleibt stehen, insofern setzen wir einen Doppelpunkt”, ergänzte Pfarrer Gerd Veit. Denn es werde hier weiter Gottesdienste geben. „Die Kirche bleibt eine Kirche”, so Veit. Freud und Leid habe das Haus gesehen, viele schöne und bewegende Momente habe man erlebt. Auch dafür sei man dankbar, betonte er.

Entwidmung

Die Entwidmung wurde von Dr. Bernhard Seiger, Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Köln-Süd, vorgenommen. „Liebe Gemeinde, liebes wanderndes Gottesvolk”, begrüßte er die Menschen in der Kirche. „Ich wähle diese Anrede nicht zufällig. Denn wir spüren an diesem Tag als Geschwister und als Kirche Christi mehr als sonst, dass wir auf der Wanderschaft sind”, führte er weiter aus. Man gebe eine Gottesdienststätte auf, um das kirchliche Leben an anderen Orten der Gemeinde, in der Kreuz- und der Apostelkirche zu konzentrieren.

Alle Beteiligten erlebten nun gemeinsam in diesem Gottesdienst den Abschied von der Dankeskirche. „Wir spüren die Traurigkeit, weil sich mit diesem Ort für viele so viele Erinnerungen verbinden. Wir richten uns ein auf den Umzug der sakralen Gegenstände und die Fortsetzung des Weges der Gemeinde an den anderen Orten. Und so richten wir uns zugleich nach vorne aus“, betonte der Stadtsuperintendent.

Viele Erinnerungen sind noch präsent

1958 war die Grundsteinlegung der Dankeskirche in der Waldstraße. 1959 wurde die Kirche in Dienst genommen. Nach nur acht Monaten Bauzeit war es soweit, die Gemeindemitglieder erhielten eine eigene Kirche. Zunächst wurde die Dankeskirche für Gottesdienste der Gemeinde Hersel in Gebrauch genommen. 1972 wechselte sie durch eine kommunale Neuordnung zur Gemeinde Wesseling. „Damals, in der Nachkriegszeit, mussten die evangelischen Christen ihre Gottesdienste organisieren, ohne dass sie dafür einen eigenen Raum hatten. Als die Kirche in Urfeld eröffnet wurde, war die Gemeinde so dankbar über diese Möglichkeit, dass der Name „Dankeskirche“ entstand”, weiß Gerd Veit noch genau. Mehr als drei Jahrzehnte hat er hier zahlreiche Gottesdienste gehalten, viele Erinnerungen sind nach wie vor präsent. Auch andere Personen, die Familie von Joest und viele andere mehr, waren der Kirche sehr verbunden.

Die Entscheidung zu diesem Schritt war sicher keine leichte Entscheidung. „Das Presbyterium hat in Weitsicht die langfristigen Entwicklungen ins Auge gefasst”, betonte Seiger. Die Gemeindemitgliederzahlen, die Zahl der Gottesdienstbesuchenden, der Pfarrstellen und nicht zuletzt die Finanzkraft, werde aber weniger. „Dem Presbyterium gebührt Dank für die intensive Beschäftigung mit der Thematik und die vielen Schritte der formalen Bearbeitung”, so der Stadtsuperintendent. Zahlen bestätigen diesen Trend: Im Jahr 1964 hatte die evangelische Kirche in Köln und Region 420 000 Gemeindemitglieder. Heute hat dieselbe Region noch 275 000 Gemeindemitglieder. „Es ist natürlich schwieriger das „Kleinerwerden“ zu organisieren, als das Bauen und Aufbauen. Man kriegt dafür keinen Applaus”, wusste Seiger weiterhin. Dennoch gelte es, sich auf den Gemeindeaufbau der Zukunft vorzubereiten. Kleiner werden, dabei aber ehrlich und zuversichtlich zu bleiben, darum gehe es. Auch er betonte, dass es eine gute Lösung – nach durchaus heftigen Diskussionen – sei, dass nun die „Siebenten-Tags-Adventisten“ die Kirche übernehmen und hier weiter Gottesdienste feiern werden. „Durch das Presbyterium wurde ein Weg gefunden, der tragfähig ist”, so Seiger.

 Auf zu neuen Ufern

Nachdem er die Entwidmungsliturgie gesprochen hatte, wurden die Kerzen gelöscht. „Wir nehmen die Altarbibel, die Abendmahlgeräte, die Taufkanne, den Leuchter, das Fischernetz und die Bücher mit den Namen der Täuflinge mit an den neuen Ort.” Dies hatte Penczek zu Beginn des Gottesdienstes bereits angekündigt. Und so begab sich die Gemeinde gemeinsam auf den für Weg zur Kreuzkirche. „Abschied nehmen ist schwer, aber im Leben immer wieder notwendig. Aber wir verabschieden uns nicht von den Menschen, die das christliche Miteinander geprägt haben. Unser gemeinsames Leben als Gemeinde geht in der Kreuzkirche und der Apostelkirche weiter.” So hatten es die Gemeindemitglieder in einem eigens für den Abschied angefertigten Flyer angekündigt.

In der Kreuzkirche angekommen, zog die Gemeinde dort mit einem Lied ein und übergab der Reihe nach die Bibel, die Altarkerze, die Taufkanne, das Fischernetz und das Abendmahlgeschirr an den jeweils vorgesehenen Platz. Nachdem der Segen ausgesprochen worden war, gab es dann dort die Möglichkeit, sich noch einmal ausführlich auszutauschen, zu trösten und sich auf die Zukunft zu freuen. „Wir werden neue Wege gehen müssen. Es gilt, wie damals zur Zeit der Errichtung der Dankeskirche, darauf zu vertrauen, dass der Herr uns seinen Weg weist.” So hatte Gerd Veit es als „dankbaren Blick zurück“ in der Zeitschrift „die kirche“, herausgegeben von der Gemeinde Wesseling, formuliert und in diesem Sinne klang der Nachmittag aus.

Text: Judith Tausendfreund
Foto(s): Judith Tausendfreund

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