20 Jahre Besuchsdienst Kerpen – Dankesgottesdienst am 6. September

Der Besuchsdienst der Evangelischen Kirchengemeinde Kerpen feiert seinen zwanzigsten Geburstag. Dem Besuchsdienst gehören aktuell 18 Menschen an, die jährlich 950 Hausbesuche und mehr leisten. Am kommenden Sonntag, am 6. September wird daher ein Dankesgottesdienst in der Johann-Bugenhagen-Kirche in Blatzheim gefeiert und die Mitglieder des Besuchsdienstes geehrt. Sie sind herzlich eingeladen um 11 Uhr dabei zu sein.

Kerpen ist eine lebendige Stadt, mit blühenden Vorgärten, Eigenheimen, Musik, Kultur, Sport und vielen Freizeitangeboten. Hinter den Fassaden verbirgt sich aber auch viel Alleinsein und Armut, über die nicht gesprochen wird. Menschen, die nicht um Hilfe bitten und in ihrem kargen Dasein doch mehr spenden als andere.

Besuchen heißt, mit Menschen in Kontakt treten. Besuchen ist wichtig, denn wer besucht, schaut hin, erkennt Ratlosigkeit, Überforderung oder Verlorenheit. Besuchte spüren, dass sie wahrgenommen werde und nicht vergessen sind, Fenster und Türen bleiben offen für die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Das gibt Vertrauen und Mut, Dinge doch anzugehen. Der Besuchsdienst kennt Neuzugezogene wie Alteingesessene, geht zum Geburtstag und zur Beerdigung, hilft nachbarschaftlich und kennt im Notfall doch auch die diakonischen Fachdienste.

Die treibenden Kräfte

Mit Menschen in ihrer Gemeinde in Kontakt kommen, sich ein Bild machen und zupacken, das war ein Leitmotiv als Claudia Dressler vor 20 Jahren frisch ins Presbyterium kam.  Zusammen mit ihrer Mitpresbyterin Doris Berkle klopfte sie an fremde Haustüren, mal ein Pläuschen beim Kaffee, mal musste Kirche draußen bleiben, mal gingen Türen auf, weil „ach, sie sind ja von der Kirche“, mal knurrte Bello aus der Hundehütte, mal kläffte Waldi vor Aufregung, mal wurden Besuche häufiger, und im besten Fall wuchs Vertrauen und gegenseitige Freude auf’s Wiedersehen.

Der Bedarf ist ungebrochen hoch. Das Besuchsteam umfasst aktuell 16 Frauen und 2 Männer. Sieben von ihnen sind noch aus der ersten Stunde. Im Jahresdurchschnitt nehmen sie 950 Hausbesuche wahr. Und wenn mal ein Besuch gerade nicht möglich ist, dann greifen die Besucherinnen zum Telefon und – gerade in diesen Zeiten- zum nostalgischen Briefwechsel.

Eine Stunde

Die reicht für die Frage „Brauchst Du Hilfe?“. Eine Stunde reicht für die Frage „soll ich für Dich einkaufen?“. Eine Stunde reicht für den Weg vom Hospital nach Kerpen. Eine Stunde ist viel Zeit für eine Postkarte, aber genug für einen Anruf- bedenkt, jemand wartet die ganze Woche auf Ihre Stimme. Eine Stunde, das ist viel für Berufstätige, für Eltern mit Kindern oder wenn die Pflege von Angehörigen alle Kräfte kostet, überhaupt ein Weg beschwerlich ist.

Und doch, auch mit mehreren Kindern und Beruf gelingt es vereinzelt Menschen in unserer Gesellschaft, mal über den Zaun zu schauen. Viele Jahre gehen sie nun schon in Häuser und kümmern sich. In einem sind sich die Besucherinnen Helga Ackermann, Christiane Oepen und Amelie Henke mit einem warmherzigen Blick einig: „Es kommt so viel zurück“.

Lehrlinge und „Best Ager“

Eine Ausbildung ist für die Besucherinnen und Besucher nicht erforderlich. Schon gar nicht muss eine eigene Familiengeschichte (Krankheit, Sterbebegleitung oder ähnliches) mitgebracht werden. Denn: in dem, was eine Besucherin/ein Besucher tut, ist sie oder er eigenständig und frei. Wenn jemand in einer Situation nicht weiter weiß, kann er sich jederzeit im Team abstimmen, die Pfarrerin zu Rate ziehen und die Diakonie oder den städtischen Dienst ins Boot holen. Den Besuchten ist wichtig, dass jemand da ist. Den einen freut der Besuch bei der Geburtstagfeier, der andere will lieber ein Gespräch zu zweit. Diese Vielfalt mache die Aufgabe auch spannend.

Best Ager? Mitlaufen im Besuchsdienst ist möglich, muss nur organisiert werden. Bei einer Konfirmandengruppe ist das schon mal versucht worden. Für Schülerpraktikanten ist der Zeitraum meist zu knapp. Bundesfreiwilligendienst, Zivildienstleistende…alles wurde schon mal überlegt. Junge Erwachsene wären ideal, müssen sich aus unterschiedlichen Gründen aber oft örtlich strecken oder umziehen. Da haben erfahrungsgemäß die 55-65jährigen einen Vorteil. Sie sind eher am Ort verwurzelt und haben familiär-berufliche Klarheit.

Finanzen

Sein finanzielles Budget erhält der Besuchsdienst von der Kirchengemeinde. Deren Diakoniemittel bestehen in hohem Maße aus Spenden, die durch „Tür-Sammlungen“ in der Adventszeit hereinkommen. Neben der Unterstützung seitens der gemeindeeigenen Diakonie in Kerpen, kann Beratung bei der Diakonie Köln und ihren Fachdiensten eingeholt werden. Pfarrer Stefan Jansen-Hass aus der evangelischen Gemeinde in Brühl und Synodalbeauftragter für die Diakonie im Kirchenkreis berichtet von der Verlagerung des Wohlfahrtswesens aus dem Kirchenverband hinein in eine gemeinnützig anerkannte Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Die Diakonie in der Gestalt einer gGmbH möchte mehr Nähe zur Basis. Da spielt der Besuchsdienst eine wichtige Rolle, er vernetzt die institutionelle Wohlfahrtpflege mit individuellen Bedürfnissen, wie sie sich an einer Haustür zeigen.

Kennenlernen

Interessenten für den ehrenamtlichen Besuchsdienst können sich bei Claudia Dressler oder Pfarrerin Almuth Koch-Torjuul melden. Gemeindebüro, 02237/2484, kerpen@ekir.de, www.evangelisch-in-kerpen.de. Wer besucht werden möchte, kann sich natürlich auch über diese Daten melden.

Oder Sie kommen einfach in den Dankesgottesdienst am 6. September um 11 Uhr in die Johann-Bugenhagen-Kirche in Blatzheim. Die Evangelische Kirche im Rheinland ehrt die Mitglieder des Besuchsdienst mit einer Urkunde.

Text: Antje Rabe
Foto(s): Antje Rabe

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